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Mehr Strom zwischenlagern

Sven Ullrich

Noch sind keine offiziellen Zahlen bekannt. Doch der aufmerksame Marktbeobachter hat das Wachstum im Bereich größerer Stromspeicher in diesem Jahr wahrgenommen. Die Meldung großer Speicherprojekte sowohl im Netz- als auch im gewerblichen Bereich häufen sich.

Tatsächlich scheint die Nachfrage nach Gewerbespeichern zusammen mit dem Zubau der Solaranlagen in diesem Segment zu wachsen. Viele Gewerbe- und Industriebetriebe wollen sich von Strompreisschwankungen unabhängig machen.

Wachstum geht gerade los

Das färbt auf den Speicherzubau ab. „Ausgehend von einem rasanten Wachstum mit Engpässen, Preissteigerungen und vielen Neulingen entlang der Wertschöpfungskette hat sich die Nachfrage im Heimspeichermarkt seit dem Halbjahr unserer Wahrnehmung nach auf einem etwas reduzierten Niveau stabilisiert. Im Industriespeichermarkt, also beispielsweise bei Industriebetrieben und an Ladeparks oder auch in Solar- oder Windparks, geht das dynamische Nachfragewachstum dagegen gerade erst so richtig los“, erklärt Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer von Fenecon.

Immer mehr Betriebe wollen von schwankenden Preisen unabhängig werden.

Der Hersteller hat sich im vergangenen Jahr technologisch unter anderem auf dem Markt für Speicher für Mehrfamilienhäuser, Gewerbe und Landwirtschaft neu aufgestellt. Doch auch im Einfamilienhaus werden die Speicher größer. Feilmeier führt das unter anderem auf die größeren Solaranlagen zurück, die hier gebaut werden, um das Elektroauto und die Wärmepumpe mit eigenem Solarstrom zu versorgen. Das erfordert natürlich auch dort größere Speicher.

Finanzierungskosten steigen

Damit wird der Übergang vom Heim- zum Gewerbespeicher fließend und könnte so auch eventuelle Nachfragerückgänge ausgleichen, die im gewerblichen Segment inzwischen wieder zu beobachten sind. Denn: „Im Bereich Gewerbe und Industrie verlangsamt sich das Wachstum aufgrund der aktuellen Zinslage und je nach Region unsicheren politischen Rahmenbedingungen“, warnt Christian Löffler, Produktmanager bei Tesvolt.

Allerdings geht auch er von einer weiter steigenden Nachfrage aus – nur eben etwas langsamer. Ähnlich schätzt auch Ralf Ossenbrink, Unternehmenssprecher von E3/DC, die Entwicklung ein. „Nach einer enorm großen Nachfrage im Jahr 2022 ist eine Normalisierung auf gleichwohl hohem Niveau eingetreten“, sagt er. „Wir rechnen mit einer stabilen Entwicklung mit kontinuierlichem Wachstum. Dem Wunsch nach Kostensicherheit und maximaler CO2-Reduktion stehen im Segment der Standardlösungen jedoch oft die gestiegenen Finanzierungskosten entgegen.“

Neue Modelle für Netzspeicher

Optimistischer sieht die Lage im gewerblichen Segment Max Münnicke, Vertriebsleiter Photovoltaics EPC Accounts bei Huawei Digital Power Germany. „Wir erwarten für 2024 einen nennenswerten Anstieg der Gewerbespeicherprojekte, allerdings noch von einem relativ niedrigen Niveau startend“, sagt er.

Größere Heimspeicher für Wärmepumpe und E-Auto

Gut entwickeln wird sich aber vor allem der Absatz der großen Netzspeicher. „Im Bereich Großspeicher profitiert der Markt vom steigenden Ausbau der erneuerbaren Energien und der auch dadurch zunehmenden Volatilität im Strommarkt. Hier stellen wir beispielsweise ein gestiegenes Interesse im Bereich Primärregelleistung und Arbitragehandel fest“, sagt Christian Löffler von Tesvolt.

Anlagenertrag ist planbar

Doch auch Solarparks werden zunehmend mit Speichern ausgerüstet. „Im Utility-Scale-Bereich rechnen wir mit einer Verdoppelung bis hin zur Verdreifachung der Zubaurate 2024 im Vergleich zu 2023, abhängig davon ob die Entwickler ihre Baugenehmigungen und Finanzierungen rechtzeitig erhalten“, sagt Max Münnicke von Huawei. „Der Markt besteht derzeit hauptsächlich aus Projekten der Innovationsausschreibung der Bundesnetzagentur und dieses Geschäftsmodell bietet einen soliden, planbaren Anlagenertrag und ist somit relativ problemlos finanzierbar.“

Das ist auch notwendig. „Im internationalen Vergleich hat Deutschland hier auch noch einiges aufzuholen. Unsere europäischen Nachbarn haben bereits früher damit begonnen, Photovoltaikparks mit Großspeichern zu ergänzen“, erklärt Christian Löffler von Tesvolt.

Sicherheit wird wichtiger: Tesvolt hat zusammen mit anderen Herstellern eine Initiative angestoßen, um die Standards zu erhöhen.

Foto: Tesvolt

Sicherheit wird wichtiger: Tesvolt hat zusammen mit anderen Herstellern eine Initiative angestoßen, um die Standards zu erhöhen.

Fenecon deckt diesen Markt mit einem neuen Speicher ab, für den es in diesem Jahr auch den EES-Award gab. Franz-Josef Feilmeier sieht hier eine massiv steigende Nachfrage. „Das liegt insbesondere auch daran, dass die Vermarktungspartner, also die Energieunternehmen mit ihren virtuellen Kraftwerken und dem Betrieb der Speicher, anhand der Preissignale an der Strombörse sehr attraktive Konditionen erzielen, die eine schnelle Amortisation der Speicher ermöglichen“, sagt er.

Mit der steigenden Nachfrage drängen auch neue Anbieter auf den deutschen und europäischen Markt und bieten vor allem preiswertere Lösungen an. „Erfolgreich sind sie unserer Beobachtung nach vor allem im Bereich der kleineren, standardisierten Photovoltaikanwendungen im Wohngebäude“, erklärt Ralf Ossenbrink von E3/DC.

Die ganz großen Speicher übernehmen immer öfter die Stabilisierung des Netzes, wie hier in der Schweiz. Der Versorger Axpo hat die Anlage von Intilion in Frauenfeld im Kanton Thurgau zu diesem Zweck errichtet.

Foto: Intilion

Die ganz großen Speicher übernehmen immer öfter die Stabilisierung des Netzes, wie hier in der Schweiz. Der Versorger Axpo hat die Anlage von Intilion in Frauenfeld im Kanton Thurgau zu diesem Zweck errichtet.

Die etablierten Hersteller reagieren damit vor allem mit hoher Qualität und einem umfangreichen After-Sales-Angebot. „Dazu gehört zunächst die Systemtechnik aus einer Hand, inklusive Ladeinfrastruktur, aber auch die eigenentwickelte Software mit lebenslangen Updates und eine tiefgreifende, eigenständige Batterieanalytik“, sagt Ralf Ossenbrink.

Sicherheit wird wichtiger

Die Anlagen seien so konzipiert, dass neue Funktionalitäten für jeden Kunden nutzbar werden und die Systeme langfristig über Batterienachrüstung und über die Farming-Option dem wachsenden Bedarf angepasst werden können. „Die zehnjährige Systemgarantie und ein eigener Werksservice geben dem Investor zusätzlich Sicherheit“, betont der E3/DC-Unternehmenssprecher.

Tesvolt hat eine Initiative für höhere Sicherheitsstandards bei Speichern angestoßen.

Es ist aber nicht nur die Garantiesicherheit, sondern auch die Produktsicherheit, die für die Kunden wichtig ist. „Leider ist diese Prüfung der Produktsicherheit in der Speicherbranche noch keine Selbstverständlichkeit“, kritisiert Christian Löffler von Tesvolt. Das Unternehmen hat deshalb jüngst eine Initiative für höhere Sicherheitsstandards bei Speichern angestoßen und seine Produkte vom TÜV Rheinland entsprechend zertifizieren lassen.

Komplettangebot für die Kunden

In die gleiche Richtung gehen auch andere Hersteller. „Mit unserem umfassenden End-to-End-Servicepaket von der Projektierung bis zum Lebensende des Speichers bieten wir unseren Kunden nicht nur das Produkt, sondern eine Komplettlösung an“, sagt Martin Peters, Produktmanager bei Intilion. „Je nach Anwendungsfall konzeptionieren wir für unsere Kunden passgenaue Lösungen inklusive Auslegung des Batteriesystems, der Umrichter, der Transformatoren und der Schaltanlagen und übernehmen die Installation und Inbetriebnahme. Ist das System installiert, überwachen wir die Anlagen per Cloudmanagementsystem und garantieren mit vorbeugenden Wartungen einen zuverlässigen Betrieb.“

Speicherpreise sinken tendenziell

Trotz der hochwertigen Produkte und zugehörigen Services gehen die Unternehmen der Branche davon aus, dass die Preise für Speicher tendenziell sinken. „Durch stark gefallene Rohstoffpreise und eine insgesamt weltweit besser stabilisierte Lieferkette wurden bereits merkliche Preisrückgänge in diesem Jahr realisiert. Wir rechnen mittelfristig mit weiteren leichten Preisrückgängen“, sagt Max Münnicke von Huawei.

„Langfristig wird durch technologischen wie auch produktionstechnischen Fortschritt davon auszugehen sein, dass die Systemtechnik weiter Kosten reduzieren kann“, so Münnicke.

20 Prozent – um diesen Wert können laut Intilion die Speicherpreise bis 2030 nachgeben.

Neue Zelltechnologien im Blick

Martin Peters von Intilion geht mit Blick auf verschiedene Marktstudien davon aus, dass die Speicherpreise bis 2030 um etwa 20 Prozent nachgeben. „Künftig werden auch neue Technologien auf die Preise Einfluss nehmen“, stellt er in Aussicht. Alina Möbius, Junior-Produktmanagerin bei Intilion, ergänzt: „Wir beobachten den Markt insbesondere mit Blick auf neue Zelltechnologien. Hier sind ­Natrium-Ionen-Batterien derzeit stark im Gespräch.“

Allerdings müsse hier die Energiedichte noch verbessert werden. „Zudem sollen ab 2025 Lithium-Ionen-Batterien von europäischen Herstellern auf den Markt kommen. Künftig wird auch die Kapazität des einzelnen Batterieblocks und die eines gesamten Speichersystems immer größer werden“, sagt Alina Möbius.