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Ausschreibungen von Photovoltaik- und Windstromleistung

Drei Vorschläge für das Auktionsdesign

Die Plattform Energiewende des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam arbeitet derzeit Möglichkeiten aus, dass auch kleine Akteure an einem geplanten Ausschreibungsverfahren teilnehmen können. Denn die Forscher des Potsdamer Instituts teilen die Befürchtung, dass bei der Einführung von Auktionen die kleinen Investoren keine Chance gegen die Energieriesen haben. Die bisherige Akteursvielfalt ist auf der anderen Seite ein Grund für die Akzeptanz der Energiewende in Deutschland. „In Deutschland sind über 50 Prozent der installierten Leistung im Bereich der erneuerbaren Energien in Bürgerhand“, erklärt David Jacobs, Projektleiter der Plattform Energiewende des IASS. „Dadurch unterscheidet sich die deutsche Energiewende von allen anderen Energiewenden weltweit. Das ist ein sehr wichtiges Merkmal, was zu einer sehr hohen Akzeptanz von Energiewendepolitik in Deutschland geführt hat. Unsere Befürchtung ist, dass durch eine Umstellung der Finanzierungsinstrumente, durch eine Umstellung des Marktdesigns dazu führen kann, dass sich diese kleinen Akteure, die momentan noch 50 Prozent des Marktes ausmachen, nicht mehr beteiligen können und langfristig dann auch die Akzeptanz sinkt“, warnt Jacobs.

Wind und Sonne reagiert nicht auf Spotmarktpreise

Grundsätzlich haben sich die Potsdamer Wissenschaftler dafür ausgesprochen, die Finanzierung von Solarstrom- und Windenergieprojekten weiterhin über eine feste Einspeisevergütung sicherzustellen. Damit würde die Politik auf zwei Besonderheiten dieser Technologien eingehen. Auf der einen Seite sind sie die einzigen Technologien, bei denen vor allem Investitionskosten anfallen. Photovoltaik- und Windkraftanlagen haben keinerlei Brennstoffkosten und auch die Wartungskosten sind vergleichsweise gering. Somit gehen sie weitgehend ohne Grenzkosten in den Markt, was die eigentlichen Kosten verschleiert, da die Investitionskosten nicht mit in die Berechnung dieser Grenzkosten einfließen. Auf der anderen Seite können die beiden Technologien nur sehr bedingt auf Preissignale am Markt und die Nachfrage der Stromkunden reagieren. „Der Strom wird erzeugt, wenn die Sonne scheint und der Wind weht und nicht wenn die Nachfrage hoch ist“, erklärt Jacobs. Die Kraftwerke können bei negativen Strompreisen am Spotmarkt höchstens abgeregelt werden. „Das ist derzeit noch nicht das große Problem. Im vergangenen Jahr hatten wir insgesamt in 17 Stunden negative Strompreise am Spotmarkt“, rechnet Jacobs vor. „Doch das Problem wird in den nächsten Jahren größer werden.“

Zubau soll billiger werden

Die Prämissen der Potsdamer Forscher sind aber inzwischen überholt. Denn die Europäische Kommission schreibt den Mitgliedsstaaten der EU vor, den Zubau über Ausschreibungen zu steuern. Das dies keine Idee ist, die originär in Brüssel ausgearbeitet sondern von einzelnen Mitgliedsstaaten angeregt wurde, sei dahingestellt. Die Regeln schreiben aber vor, dass es keine Ausnahmen für einzelnen Technologien geben darf, sondern nur für kleine Anlagen. „Das spiegelt ein bisschen altes Denken wieder, dass kleinere Akteure auch nur kleinere Anlagen refinanzieren“, kritisiert David Jacobs. „Das ist nicht notwendigerweise so. Wenn sich 1.000 oder 2.000 Leute zusammentun und einen Bürgerwindpark finanzieren, dann kann der auch größer sein als zehn Megawatt. Das heißt, die Korrelation, die von der Kommission implizit gezogen worden ist, dass kleine Akteure auch immer nur kleine Anlagen haben, ist eigentlich nicht ganz richtig.“ Trotzdem führt die Bundesregierung ab 2017 die Ausschreibungsverfahren ein. Das ausgegebene Ziel: Der Zubau soll billiger werden. Ob das so ist, bleibt indes fraglich. Denn beim Zubau und Betrieb von Windkraft- und Photovoltaikanlagen als zentrale Technologien der erneuerbaren Energien vor allem die Investitionskosten zu Buche schlagen, müssen diese so gering wie möglich gehalten werden. Sonst werden die Anlagen und damit auch der Strom aus den Generatoren teurer. „Das bekommen wir dadurch hin, das wie möglichst hohe Investitionssicherheit garantieren“, sagt Jacobs.

Feste Einspeisevergütung europarechtlich nicht mehr möglich

Da die Beibehaltung der festen Einspeisevergütung wohl europarechtlich nicht mehr möglich ist, haben sich die Potsdamer Forscher noch weitere Gedanken gemacht. Wir schauen uns gerade international an, welche Mechanismen man wählen könnte, um kleinen Akteuren trotzdem die Möglichkeit geben kann, an den Ausschreibungen teilzunehmen“, sagt Jacobs. Im Juni dieses Jahres wird dazu eine Studie erscheinen. Die ersten Lösungsvorschläge liegen aber schon auf dem Tisch:

  • Fonds für Ausschreibungen: „Das größte Risiko bei Ausschreibungen bestehen im Rahmen der Projektentwicklung“, sagt Jacobs. „Das heißt, man bereitet ein Projekt vor, absolviert schon die ganzen notwendigen Genehmigungsverfahren und geht damit in die Ausschreibung hinein. Der Investor kann sich aber nicht sicher sein, dass er dann auch die Ausschreibung gewinnt, weil diese natürlich wettbewerblich organisiert wird.“ Die großen Energiekonzerne können dieses Risiko streuen oder auf mehrere Anlagen verteilen. Die kleinen Akteure wie Energiegenossenschaften haben aber in der Regel nur eine Anlage, die sie finanzieren. Damit bleibt die Risikostreuung nur sehr begrenzt. Um dieses Risiko abzumildern, wäre ein staatlicher Fonds denkbar, auf den die kleinen Investoren im Rahmen der Projektentwicklung zugreifen können. Wenn sie die Ausschreibung nicht gewinnen, bleiben sie dann zumindest nicht auf den gesamten Kosten der Projektentwicklung sitzen. Dadurch können sie auch die Kapitalkosten senken was wiederum dem Stromkunden zugute käme. Denn der bekommt den Strom aus den Windkraft- und Photovoltaikanlagen billiger als wenn die kreditgebenden Banken einen üppigen Risikoaufschlag bei der Finanzierung der Anlagen einpreisen würden.
  • Präqualifizierungsbedingungen für kleine Akteure herabsetzen: Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich viele Anbieter beteiligen und die Angebote für die Einspeisevergütung nach unten treiben. Doch am Ende zählt eigentlich nur, ob die Anlagen mit der geringen Einspeisevergütung auch wirtschaftlich realisierbar und tatsächlich gebaut werden. Die Erfahrungen mit Ausschreibungen in anderen Ländern zeigen, dass das immer wieder ein Problem ist. Eine Lösung ist, dass die Ausschreibungsteilnehmer Bürgschaften hinterlegen müssen, die einbehalten werden, wenn die Anlage am Ende nicht realisiert wird. Das ist wiederum für kleine Akteure eine riesige Hürde. Denn neben den Projektentwicklungskosten müssten sie auch noch die Bürgschaft vorfinanzieren. Um diese Latte etwas tiefer zu legen, schlägt das IASS vor, die Bürgschaften für Energiegenossenschaften oder andere kleine Akteure zu verringern.
  • Durchschnittliche Einspeisevergütung: Mit den Ausschreibungen soll zwar der Zubau gesteuert werden. Doch um den kleinen Akteuren eine Chance zu geben, auch weiterhin an der Energiewende teilnehmen zu können, schlägt David Jacobs vor, einen Teil der geplanten Leistung auszuschreiben. Aus den einzelnen Geboten ergibt sich eine durchschnittliche Einspeisevergütung, die die Betreiber diese Anlagen bekommen. Diese durchschnittliche Einspeisevergütung könnte dann der Tarif sein, den andere Anlagen bekommen, die nicht an der Ausschreibung teilgenommen oder ein höheres Gebot abgegeben haben.

  • Ob die Vorschläge der Potsdamer in der Politik Gehör finden, bleibt abzuwarten. Klar ist: Die Novelle des EEG ist nicht mehr aufzuhalten. Dafür ist das Projekt schon viel zu weit vorangeschritten. Wichtig ist aber, dass das EEG so ausgestaltet wird, dass die Energiewende weiterhin möglich bleibt. Ein Teil davon betrifft die Ausgestaltung der geplanten Auktionen. „Das gibt es noch sehr viel Potenzial“, betont David Jacobs. (Sven Ullrich)