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Einigung beim Klimaschutzgesetz: Wohl kein Sofortprogramm im Verkehr trotz zu hoher Emissionen

Eigentlich hätten sie schnell handeln müssen: Verkehrsminister Volker Wissing und Bauministerin Klara Geywitz müssen laut geltendem Recht bis zum 15. Juli Klimasofortprogramme vorlegen. Die Sektoren Gebäude und Verkehr haben 2023 laut Umweltbundesamt (UBA) zu wenig CO2 eingespart, und der Expertenrat für Klimafragen hatte gestern diese Daten. Doch die Ministerien werden wohl nicht mehr tätig werden müssen: Gestern Nachmittag kam die Meldung, dass sich die Ampel bei der Novelle des Klimaschutzgesetzes geeinigt habe – verbindliche Sektorziele und verantwortliche Ministerien werden von einer Gesamtemissionsmenge und Gesamtverantwortung der Bundesregierung abgelöst.

13 Millionen Tonnen CO2 zuviel im Verkehrssektor

Laut den Zahlen des Umweltbundeamtes verfehlte der Verkehrssektor sein Ziel deutlich um 12,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Der Gebäudesektor sparte zwar deutlicher ein, verfehlte sein Ziel aber um 1,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. „Die erneute Verfehlung des Jahresziels ist im Ergebnis unserer Prüfung beim Verkehr eindeutig“, stellt der Vorsitzende des Expertenrates, Hans-Martin Henning, fest. Beim Gebäudesektor könne die knappe Überschreitung des Jahresziels angesichts der großen Unsicherheit in der Datengrundlage weder bestätigen noch verwerfen. „Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht allerdings für beide Sektoren die Notwendigkeit eines Sofortprogramms“, so Henning.

Die Einigung beim Klimaschutzgesetz macht diese Schlussfolgerung wohl obsolet. Künftig werden nicht mehr einzelne Sektorziele ausschlaggebend sein, sondern das pauschales Budget aller Sektoren. Wäre die Reform bereits jetzt in Kraft, müsste nicht gehandelt werden. Ausschlaggebend sind dann die Projektionsberichte des UBA, die zwei Mal in Folge eine Überschreitung des Gesamtbudgets bis 2030 zeigen müssen. Der jüngste Bericht aber sieht Deutschland auf gutem Weg, das Klimaziel 2030 zu erreichen – trotz der Überschreitungen im Verkehrssektor.

Wissing droht derweil mit Fahrverboten, um politisch Druck aufzubauen

Im politischen Streit um die Novelle des Klimaschutzgesetzes waren starke Geschütze aufgefahren worden. Verkehrsminister Wissing malte das Schreckgespenst „Fahrverbot“ an die öffentliche Wand. Um die Einsparungziele des jetzigen Gesetzes zu erreichen, sei eine erhebliche Einschränkung des Verkehrs nötig, so Wissing. Die würde es nun nicht geben, versicherte FDP-Vize-Fraktionschef Lukas Köhler laut Tagesschau.

Seine Grünen-Kollegin Julia Verlinden betonte, mit Blick auf das wesentlich strengere Klimaziel 2040 müsse besonders im Bereich Verkehr mehr passieren SPD-Vize-Fraktionschef Matthias Miersch sagte, durch die Novelle „darf kein Gramm CO2 mehr ausgestoßen werden“.

Einmal-Effekte statt belastbare Einsparungen

Doch die Situation beim Klimaschutz bleibt abseits politischer Streitigkeiten angespannt. So bestätigte der Expertenrat die Auffassung, dass die große Emissionsminderung 2023 nur zum Teil auf strukturellen Klimaschutzmaßnahmen beruhe. Der massive Rückgang der Emissionen in der Energiewirtschaft (-52 Mio. t CO2-Äq.) liege vor allem an einer stark gesunkenen Verstromung von Kohle, geschuldet der schwächeren Stromnachfrage der energieintensiven Industrie. Der Emissionsrückgang in der Industrie (-13 Mio t) sei ebenfalls vor allem auf dieses Phänomen zurückzuführen. Im Gebäudebereich habe zudem der warme Winter eine wichtige Rolle gespielt. „Ohne den Rückgang der energieintensiven Industrie und die erneut milde Witterung im Jahr 2023 hätten die Emissionen deutlich höher gelegen“, so Henning. „Damit wäre das implizite Jahresziel für alle Sektoren in Summe vermutlich nicht erreicht worden.“  Und auch die positiven Aussagen der Projektionsberichte beruhen wohl zum großen Teil auf diesen Effekten, wie eine Kurzanalyse von Agora Energiewende zeigte. (kw)

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