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Day-Ahead-Handel

Wetterabhängiger Grünstrom ist strommarktfähig

Wie das Berliner Marktanalyse-Unternehmen Enervis Energy Advisors am Donnerstag mitteilte, übertrafen deutlich höhere Erlöse im Spotmarkthandel von Onshore-Wind- und Sonnenstrom sogar die um 15 bis 20 Prozent gestiegenen Vollerzeugungskosten der Wind- und Photovoltaik-Parks. „Dieser Preisanstieg wurde durch höhere Strommarkterlöse in 2021 mehr als kompensiert“, notierte Enervis Energy Advisors.

Die Berliner Strommarktexperten ermittelten beispielsweise für Deutschland auf der Basis von Umfragewerten, Kenntnissen aus Projekten und Annahmen zur Vollkostensituation der Branche und zu Finanzierungsbedingungen für Windparks an Land einen Bereich der Stromerzeugungskosten von etwas mehr als 40 bis annähernd 70 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Der Durchschnittspreis gemäß dem mengengewichteten Mittel des Spotmarkthandels am Tag vor der Stromlieferung, Day-Ahead-Handel genannt, stieg im Vergleich zum Vorjahr um 56 auf 81 Cent pro kWh an. Deutsche Photovoltaikparks übertrafen ihre Vollerzeugungskosten im Bereich von gut 45 bis gut 60 Cent pro kWh mit mittleren Day-Ahead-Preisen von 76 Cent pro kWh. Dieses Preisniveau übertraf das des Vorjahres um 51 Cent. Treibstoff für die besseren Day-Ahead-Handelspreise waren gemäß den Berliner Experten die hohen Gaspreise únd steigende Preise im europäischen Emissionsrechte-Mengenhandel ETS für Kohlendioxid.

In allen 27 Ländern der Europäischen Union (EU) und in Großbritannien übertrafen die PV-Marktwerte 2021 die Bereiche der Vollerzeugungskosten. Und nur in Norwegen und in Schweden übertrafen die Windstrommarktwerte dieser 28 Länder im Jahresmittel noch nicht die Vollerzeugungskosten. Dabei erreichten die deutschen Windmarktwerte ein Niveau von 83 Prozent des mengengewichteten Day-Ahead-Stromhandels, die PV-Strom-Marktwerte erreichten 78 Prozent dieses allgemeinen Day-Ahead-Mittelwertes.

Weil Wind- und PV-Anlagen nur wetterabhängig und deshalb auch häufig über den Strombedarf hinaus ins Netz einspeisen und ihr Überangebot immer wieder aufgrund der zu geringen Nachfrage mit schnell sinkenden Preisen bezahlen, erreichen Wind- und Solarparks in den wenigsten Ländern das allgemeine Stromhandelspreisniveau. Vor allem in Ländern mit einem hohen Anteil von Wind- und Sonnenstrom bleiben die Marktwerte der wetterabhängigen Stromeinspeisung unter dem allgemeinen Day-Ahead-Niveau. Aber auch in Ländern, deren Stromnetze mit den Stromnetzen vieler Nachbarländer gut und in hoher Durchlässigkeit verbunden sind und die somit eine hohe Interkonnektivität aufweisen wie ebenfalls Deutschland, sind die Wind- und Sonnenstrommarktwerte derzeit tendenziell geringer.

Die gute Preislage für Wind- und Sonnenstrom unterstützte 2021 auch den Trend zum Abschluss von mehrjährigen Stromlieferverträgen, sogenannten PPA. 2021 erreichten PPA in Deutschland ein Volumen von 893 MW Windkraft und 641 MW PV. Was den Windstrom betrifft, dürften überwiegend ältere Anlagenparks zum Zuge gekommen sein, wie Studienautor Tim Steinert betont. Bei PV-Parks rentierten sich PPA 2021 bereits bei den ersten neu errichteten Anlagenparks.

Mit den Power Purchase Agreements (PPA) vereinbaren Stromlieferanten mit Großabnehmern – beispielsweise internationale Wirtschafts- und auch Stromhandelsunternehmen – die Lieferung beziehungsweise Abnahme bestimmter Strommengen zu einem festen Preis. PPA sichern somit beiden Seiten verlässliche Einnahmen oder Kostenstrukturen. Während insbesondere in Deutschland vorher meist gesetzlich abgesicherte Stromvergütungstarife lukrativer für die Erneuerbare-Energien-Unternehmen waren, wurden PPA-Verträge 2021 im Verhältnis dazu oft attraktiver. Zumindest für Altwindparks: Seid 2020 bekommen zunehmend mehr Altwindparks nach Ende ihrer 20 Jahre lang durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz abgesicherten Vergütung nur noch Einnahmen aus dem freien Stromhandel. Für sie sind PPA dank des gestiegenen Preisniveaus eine gute Alternative. Ein trotz wieder sinkender Preise mittelfristig anhaltendes höheres Gaspreisniveau dürfte PPA für Altwindparks attraktiv bleiben lassen, sagt Steinert.