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Mitteldeutsche Branchentage: Sachsen

„Bei uns ist die Opposition gefragt“

ERNEUERBARE ENERGIEN: Was wird in Sachsen als nächster Schritt entscheidend dafür sein, ob die Windenergie im Bundesland vorankommt, oder ob sie es nicht tut?

Martin Maslaton: Sie stagniert in der Tat. Zu viele Anlagen, die wir in Sachsen neu installieren können, gehen auf gerichtliche Verfahren zurück. Da wäre die Opposition im Landtag jetzt gefragt, aktiv zur Unterstützung der Energiewende in Sachsen vorzugehen. Jetzt will die Regierung in Dresden mit Ihrer gelb-schwarzen Mehrheit im Landtag einen Landesentwicklungsplan verabschieden, der faktisch die schwerste Behinderung der Windkraft bedeutet. Es sollen demnach keine neuen Flächen darin ausgewiesen werden – sondern nur bereits mit Windturbinen bebaute Vorrang- und Eignungsgebiete, wo die Anlagen repowert werden sollen, also durch moderne, größere Neuanlagen ersetzt werden. Diesem Konzept aber zu trauen, wäre naiv. Weil der Anlagenbestand hierzulande relativ neu ist, ein Anlagentausch sich damit noch nicht lohnt. Das ist eine absolute Katastrophe. Und jetzt ist auch irgendwo die Opposition gefragt. Es gibt anwaltliche, juristische Stimmen, die den Landesentwicklungsplan für rechtswidrig halten.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Da ist jetzt also eher die Justiz gefragt – nicht die Opposition?

Martin Maslaton: Nee, nee, die Opposition ist gefragt, weil die Opposition im sächsischen Landtag jetzt wirklich mal das Thema selbst in die Hand nehmen muss …

ERNEUERBARE ENERGIEN:…was sie offenbar Ihrer Meinung nach nicht tut…

Martin Maslaton: Sagen wir mal so: Ich war vor Wochen zu Gesprächen bei der SPD-Landtagsfraktion. Da tut man sich aber sehr schwer. Zwar sind die Sozialdemokraten anderer Auffassung wie die Landesregierung. Aber die Opposition verhält sich eben nicht zu der Frage, ob sie den Landesentwicklungsplan anfechten will oder nicht. Von der Landesregierung hingegen ist gar nichts zu erwarten: So lange diese Landesregierung und vor allem die Parteien, die sie tragen – mit einer FDP a la Herr Zastrow,

ERNEUERBARE ENERGIEN:… Landes- und Fraktionsvorsitzender der Landes-FDP …

Martin Maslaton: .., der jüngst im Fernsehen, im MDR noch gesagt hat, dass die Windenergie in Sachsen weg gehört, die Anlagen abgebaut gehören – zugunsten der Braunkohle. Und so lange wir einen Ministerpräsidenten haben, der sagt, Zitat: Die Energiewende ist eine Chance für die heimische Braunkohle.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Das sind deftige Zitate. Warum aber zögert die Opposition noch, wovor hat sie Sorge? Gibt es keine öffentliche Meinung pro Erneuerbare in Sachsen?

Martin Maslaton: Das ist eine sehr wichtige Frage. Zum einen muss die Opposition wohl mit den Fragen der Regionalplanung und des Landesentwicklungsplans sich erstmal verstärkt noch auseinandersetzen. Das haben sie – glaube ich – bisher noch nicht getan. Da sind die Fraktionen aber auf dem richtigen Weg. Und dann muss sich die Opposition natürlich noch überlegen, was sie will. Würde sie es wissen und pro Erneuerbare sein, bedeutet das, dass man dem Bürger auch sagt: Energiewende geht nicht ohne die Windenergie. Wir haben gute Argumente auch im bergigen Binnenland Sachsen. Unsere Branche ist der Billigheimer unter den Erneuerbaren. Windkraft erzeugt Strom am günstigsten im Vergleich zu allen regenerativen Quellen. Und dann ist die Opposition in Sachsen nicht einig.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Verändert sich denn die politische Unterstützerschaft im Land, sehen Sie Bewegung hin zu einer zunehmenden Unterstützung der Windenergie?

Martin Maslaton: Ich sehe es so: Wir kommen in ganz, ganz vielen Kommunen vorwärts, wir kommen auch in vielen Bürgerprojekten vorwärts. Von unten werden wir diese Politik aufrollen. Aber es ist natürlich so, wenn Sie einen Bürgermeister haben, der sagt, ich möchte einen Flächennutzungsplan für Windenergie machen, nämlich für das Repowering von Windenergieanlagen außerhalb des regionalen Planungsumrisses: Dann muss er sich sozusagen mit dem Freistaat anlegen. Und das ist natürlich eine sehr hohe Hürde.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Sie sagen also, zu viele neue Windparkprojekte in Sachsen seien rechtlich durchgesetzt oder durch Abweichungsverfahren oder Flächennutzungspläne realisiert worden?

Martin Maslaton: Ja, zum teil auch durch Abweichungsverfahren. Aber auch über kommunale Planungen: Das ist ja auch ein Punkt, der bundesweit diskutiert wird. Sowohl in der Stadtentwicklung wie auch in der politischen Diskussion. Man sollte sich hier zurückbesinnen: Wir hatten zwei Jahre lang nach der Wende die Möglichkeit, dass die Windenergie allein kommunal geregelt wird, über Flächennutzungspläne. Damals hatte man während einer kurze Übergangzeit gesagt, nicht die Regionalplanung sondern die kommunale Flächennutzungsplanung regelt den Aufbau und die Errichtung der erneuerbaren Energien im Außenbereich. Und das ist damals nicht genutzt worden, weil das Bewusstsein für die Erneuerbaren fehlte. Und das haben die Kommunen damals nicht ausgenutzt. Und das ist ein Instrument, das man bundesweit neu nutzen sollte. Doch weil das damals nicht genutzt wurde, ist die Aushandlung von Windenergievorrangflächen auf eine höhere Ebene gerutscht, nämlich die der Regionalplanung. Und die Regionalplanung macht zumindest hier in Sachsen nur eine Verhinderungsplanung.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Wird denn Sachsen das Klimaschutzziel angesichts des derzeitigen Ausbaus von Windenergie auch nach Verbesserungen in der Landespolitik für Windenergie noch erreichen können? Windkraft soll nach dem Klimaschutzziel einen Anteil von 11,9 Prozent am Stromverbrauch erhalten.

Martin Maslaton: Noch einmal, es wird definitiv zu gar keinem Ausbau von Windenergie kommen. Denn, was bisher gesagt wird, ist dass man in den Vorrangebieten repowern soll. Aus zwei Gründen wird da dann gar nichts passieren. Zum Einen sind die Anlagen hierzulande noch relativ jung. Und dann ist städtebaulich das Problem, sollten Sie repowern wollen, dass Sie dann größere Anlagen bauen müssten. Das heißt: Sie kommen mit den begrenzten Flächen in den Vorranggebieten gar nicht aus. Wenn ich ehrlich sein will, muss ich sagen: Herr Zastrow, der wenigstens sagt, er wolle Windenergieanlagen abschalten, wir machen stattdessen Braunkohle –, der ist wenigstens ehrlich. Ich glaube allerdings, dass die Landesregierung letztlich eine ähnliche Politik verfolgt.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Wie stark aber ist die Bürgergesellschaft im Land, um die Energiewende und speziell die Windenergiewende finanziell, organisatorisch oder rechtlich auch ohne die Landespolitik voranzutreiben?

Martin Maslaton: Die ist relativ stark. Wir haben alteingesessene Unternehmen, die lassen sich nicht ins Bockshorn jagen. Die sind relativ stark – übrigens auch stark, was die Beschäftigung angeht. Das sind Windkraftunternehmen, sehr viele große Projektentwicklungsunternehmen, die vor Ort zumindest ein Büro haben.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Welcher Schritt wird aber als nächstes anstehen, um voranzukommen. Harr Maslaton. So wie ich Sie verstehe, gar keiner..

Martin Maslaton: Ich will auf jeden Fall noch Gespräche mit der Opposition führen. Ich habe im Januar zum Beispiel einen Termin bei der Linken. Ich will mich dann noch mit SPD und Grünen treffen. Es wird sich zeigen müssen: Zeigt die Opposition dann Flagge und sagt, „wir sind mit diesem Landesentwicklungsplan nicht einverstanden. Und wenn wir an die Macht kommen, werden wir diesen Landesentwicklungsplan kippen“ - oder lässt man alles blind weiterlaufen?

Das Interview führte Tilman Weber