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Österreich braucht mehr Solarleistung als bisher angenommen

Das österreichische Umweltbundesamt hat im Rahmen der Berechnung des Netzausbaubedarfs die notwendige Photovoltaikleistung drastisch nach oben korrigiert, die notwendig ist, um die Alpenrepublik bis 2030 komplett auf Ökostromversorgung umzustellen. Denn im jetzt veröffentlichten Entwurf des integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) wurde der steigende Strombedarf aufgrund der Umstellung von Heizung und Mobilität auf Elektrizität stärker berücksichtigt. So kommt das Umweltbundesamt auf einen Ausaubedarf der Solarleistung von 21 Gigawatt bis 2030. Bisher ging der Gesetzgeber von 13 Gigawatt Photovoltaikleistung aus und hat das im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) auch so festgezurrt.

Ein Gigawatt 2022 aufgebaut

Die neuen Zahlen kommen wir ein Paukenschlag. Auf diese Weise relativiert sich auch der riesige Erfolg der Branche aus dem vergangenen Jahr. Denn 2022 haben die österreichischen Solarteur:innen erstmals in der Geschichte mehr als ein Gigawatt Solarleistung in einem Jahr neu ans Netz gebracht. Der Zubau im Jahr 2022 betrug 1.009 Megawatt.

Maßnahmen aus dem EAG wirken

Der Branchenverband PV Austria führt dies unter anderem auf die Maßnahmen zurück, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat und die jetzt Wirkung zeigen. „2022 war ein besonderes Jahr: Es war das Auftaktjahr des EAG, zugleich hat der hohe Strompreis große Teile der Bevölkerung und der Unternehmen in die eigene Sonnenstromproduktion getrieben. Entsprechend groß war der Zubau, der auch noch in das aktuelle Jahr reicht“, sagt Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV Austria. „Unsere Unternehmen melden aber bereits ein Abflachen der Nachfrage, weswegen aus heutiger Sicht noch unklar ist, wie sich der Trend fortsetzen wird“, äußert sie sich abwartend, wie die Entwicklung weitergeht.

1,7 Milliarden Euro umgesetzt

Hier spielen auch die gestiegenen Anlagenpreise eine Rolle. Denn die Photovoltaikgeneratoren kosteten in Österreich im vergangenen Jahr im Schnitt zehn Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Damit lagen die Preise auf dem Niveau von vor acht Jahren. Doch die Branche kann mit dem Jahr 2023 zufrieden sein. Immerhin erwirtschaftete sie bei Planung und Installation der Anlagen einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro. Die hohe Nachfrage hat für 6.100 zusätzliche Arbeitsplätze bei Installateuren und Planern gesorgt.

6,6 Prozent des Strombedarfs mit der Sonne gedeckt

Mit dem jetzt ans Netz gegangen einem Gigawatt sind in Österreich inzwischen Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 3.792 Megawatt installiert. Damit kann die Photovoltaik 6,6 Prozent des Stromverbrauchs abdecken. Nach den bisherigen Zahlen wäre die jetzt installierte Leistung immer noch weniger als 30 Prozent dessen, was in der Alpenrepublik bis 2030 gebraucht wird, um die Stromversorgung komplett auf Erneuerbare umstellen zu können. Mit Blick auf die 21 Gigawatt, die jetzt neu als notwendige Solarleitung im Raum stehen, sind aber erst 18 Prozent des Zubauziels geschafft. Entsprechend muss sich der Ausbau in den nächsten Jahren auf 2,1 Gigawatt jährlich mehr als verdoppeln.

Genehmigungen vereinfachen

Dazu sind noch jede Menge Anstrengungen notwendig. „Nach wie vor werden die ,Low-Hanging Fruits‘ geerntet – alle Anlagen, die keine groben Probleme in der Genehmigung haben, sind gebaut“, beschriebt Herbert Paierl, Präsident von PV Austria, die Situation. „Nach dem EAG auf Bundesebene sind nun die Bundesländer dran, den PV-Ausbauturbo weiter zu befeuern. Der entsprechende Schub funktioniert nur mit einer photovoltaikfitten Genehmigungslandschaft und vor allem ausreichend verfügbaren Flächen.“

Ober- und Niederösterreich liegen vorn

Tatsächlich zeigen die Marktdaten, dass der Ausbau sehr ungleich vorangeht. So wurden in Oberösterreich im vergangenen Jahr 243 Megawatt, in Niederösterreich 234 Megawatt und in der Steiermark 147 Megawatt errichtet. In Vorarlberg hingegen gingen Anlagen mit nur 28 Megawatt neu ans Netz. Das ist selbst mit Blick auf die geringe Größe und die niedrige Bevölkerungszahl ein schlechter Wert. Doch auch das Burgenland ist mit 39 Megawatt gemessen an der Bevölkerung noch schlechter. Auch Salzburg liegt mit 40 Megawatt Neuinstallation weit abgeschlagen auf dem drittletzten Platz.

29 Prozent des notwendigen Zubaus bis 2030 geschafft

Doch immerhin liegt Vorarlberg mit der bisher insgesamt installierten Leistung auf dem zweiten Platz nach Oberösterreich und genau im Durchschnitt der Alpenrepublik. Den größten Aufholbedarf habe, wie auch im Jahr zuvor, Tirol. Dort sind derzeit nur 16 Prozent der Leistung installiert, die notwendig wären, damit das Bundesland gemessen an der Fläche und der Bevölkerung zum Ziel von 100 Prozent Ökostrom bis 2030 beitragen müssten. Der österreichische Durchschnitt liegt bei 29 Prozent. Doch auch Salzburg und Kärnten haben mit derzeit 19 Prozent Zielerfüllung noch einen weiten Weg vor sich.

Dachausbau beschleunigen – Flächen freigeben

Denn der notwendige Zubau in den einzelnen Bundesländern erhöht sich jetzt nochmals drastisch, vor allem für die großen Bundesländer. „Wir wiederholen uns, aber mit dem vorliegenden Entwurf des ÖNIP muss mit dem Klein-Klein der Bundesländer ein für alle Mal Schluss sein. Spätestens jetzt muss bei den Landesregierungen klar angekommen sein, dass alles unternommen werden muss, um in die Gänge zu kommen – neben einer Forcierung des Dachausbaus müssen auch Flächen für den Ausbau der Photovoltaik vorausschauend ausgewiesen werden“, fordert Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von PV Austria, von den Ländern. Zudem die Leistung bis 2040 abermals steigen muss – dann auf 41 Gigawatt.

Großteil werden Solarparks sein

Im Netzentwicklungsplan wird zudem angenommen, dass in dieser kurzen Zeit nur rund 40 Prozent der Leistung auf Gebäude- und Fassadenflächen realisiert werden können. Die restliche Sonnenstromerzeugung muss auf Freiflächen stattfinden. Damit werde deutlich, dass immense Anstrengungen notwendig sind und vor allem die Bundesländer nun über den Erfolg der Stromwende und somit über eine klimafreundliche Energiezukunft entscheiden, betonen die Branchenvertreter von PV Austria.

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Stromnetze bauen, wo die Potenziale der Erneuerbaren sind

Aus dem Entwurf des ÖNIP geht auch hervor, wo die Ausbaupotenziale der Erneuerbaren bundesweit liegen. „So wird wieder einmal deutlich, dass wir neben der geforderten Anlagenleistung, die Stromnetze dort brauchen, wo Potentiale für erneuerbare Erzeugung existieren. Dafür ist ein umfassender Netzausbauplan notwendig, der die Bereiche mit Potential für Erneuerbare mit einbezieht. Die Netzbetreiber stehen ebenso wie die Bundesländer in Handlungspflicht“, betont Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV Austria. (su)