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Ein Vorschlag der alten Energiewirtschaft – ein Kommentar

BDEW schlägt schnelleren Ausbau der Erneuerbaren vor

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW fordert von einer neuen Bundesregierung – so es in absehbarer Zeit einmal eine geben wird – den Ausbau der erneuerbaren Energien auf dem Stromsektor zu beschleunigen. Wie das geschehen könnte, hat der Verband noch nicht offen gelegt, aber schon einmal durchblicken lassen, in welche Richtung es gehen könnte. „Der BDEW wird dieses Konzept demnächst veröffentlichen“, schreiben die Branchenvertreter in einem Papier, in dem sie den Weg für die nächsten fünf Jahre aufzeigen. „Bereits heute ist absehbar, dass die im EEG 2017 festgelegten Ausschreibungsmengen insbesondere für die Windenergie an Land zu niedrig angesetzt sind.“ Doch auch für die Solarenergie müssen die Ausschreibungsvolumen künftig drastisch erhöht werden.

Zudem sei es notwendig, vor dem Hintergrund der auslaufenden EEG-Förderung für viele Anlage ab Ende 2020, die dann wegfallenden Kapazitäten auf das Ausschreibungsvolumen aufzuschlagen. Auch hier bezieht sich der BDEW vor allem auf die Windkraftanlagen. Doch das Gleiche gilt auch für Solargeneratoren.

Speicher und Gaskraftwerke sollen Lücke schließen

Flankiert werden soll die Abschaltung von weiteren Kohlekraftwerken durch den Ausbau der Kapazitäten von Gaskraftwerken und Speichern, um genügend Flexibilität und gesicherte Leistung zu behalten. Dazu müssen aber die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den Neubau von Gaskraftwerken, die später durchaus auch mit Biogas betrieben werden können, und Speichern anzukurbeln. Der BDEW drängt hier zur Eile. Denn der Planungsvorlauf für Gaskapazitäten ist lang.

Immerhin zeigt sich der Verband damit etwas beweglicher als in der Vergangenheit. Lange hatte der BDEW die erneuerbaren Energien mit Skepsis betrachtet und eher als zusätzliche Quelle zur Stromerzeugung, aber nicht als Basis eines zukünftigen Energiesystems. Jetzt sieht er in den Erneuerbaren immerhin die Kraft, die den Hauptbeitrag zum Ausgleich der gleichzeitig vorgeschlagenen Verringerung der Kohlekraftwerksleistung in Deutschland erbringen sollen. Denn im gleichen Papier schlägt der BDEW vor, weitere fünf Gigawatt der Anlagenleistung zur Kohleverstromung vom Netz zu nehmen – zusätzlich zu den von der bisherigen und noch amtierenden Bundesregierung vorgesehenen Verringerung.

Kein konsequenter Umstieg auf Erneuerbare

Das soll über Entschädigungszahlungen geschehen, die versteigert werden. Diejenigen Betreiber, die zum geringsten Preis ihre Kraftwerke schließen wollen und gleichzeitig am meisten zur Minderung des CO2-Ausstoßes beitragen, sollen den Zuschlag erhalten. Der BDEW sieht die Entschädigungszahlungen als notwendig an, da eine gesetzliche Vorgabe zu Klagen seitens der Betreiber führen würde, wie das schon im Falle des Ausstiegs aus der Atomenergie von einigen betroffenen Kernkraftwerksbetreibern zelebriert wurde. Immerhin ist man dann auf der sicheren Seite.

Eine Hinwendung zu einem neuen Energiesystem ist das alles aber noch nicht. Denn der Verband weist ausdrücklich darauf hin, dass die Windkraft und die Photovoltaik nur volatil Strom erzeugen. Das ist ja auch richtig. Doch daraus gleich eine Deckungslücke bei der Stromversorgung zu schlussfolgern, lässt doch wieder den alten Geist durchblicken, der den BDEW bisher weitgehend bestimmt hat. Schon des öfteren wurde das Gespenst der Stromlücke an die Wand gemalt, um die Notwendigkeit von Kohlekraftwerken zu rechtfertigen. Denn die Erneuerbaren können durchaus einen großen Beitrag zur gesicherten Kraftwerksleistung erbringen.

Flexibilitäten steigen mit zunehmendem Stromverbrauch

Dem konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien redet der BDEW in seinem neuen Papier nicht das Wort. Es fehlt immer noch der Mut, die konservativen Annahmen ad acta zu legen und Energieeffizienzmaßnahmen, flexible Lasten und Speicher mit in die Rechnung einzubeziehen. Da ist es fraglich, ob die steigende Jahreshöchstlast, die vom BDEW prognostiziert wird, tatsächlich eintritt.

Sicher, beim Umstieg der Heizung auf Wärmepumpen und andere elektrisch betriebene Anlagen und beim gleichzeitigen Umstieg von Benzin und Diesel auf Elektromobilität steigt der Strombedarf in Deutschland. Doch das heißt noch lange nicht, dass auch die maximal benötigte Leistung von Stromerzeugungsanlagen mit steigt. Denn gerade diese neuen Stromverbraucher bieten immense Flexibilitäten, die in die Rechnung durchaus mit einbezogen werden können. Studien dazu liegen schon längst auf dem Tisch, so dass mutigere Ausstiegsszenarien aus der Kohleverstromung durchaus möglich sind. (Sven Ullrich)