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Lorenz Gösta Beutin

„Müssen EU-weit hin zu einer planbaren Politik“

Bei den sehr weit reichenden Forderungen der Partei Die Linke zur Energiepolitik müssten wohl auch die ersten Schritte besonders groß ausfallen: Nennen Sie bitte zwei oder drei – und wann müssen sie gegangen werden, damit die Ziele realistisch zu erreichen sind?

Lorenz Gösta Beutin: Der gesetzliche Kohleausstieg muss auf 2030 vorgezogen werden und mit einem ambitionierten Zubau erneuerbarer Energien mit mindestens einer Verdrei- bis Vervierfachung von Wind und Solar flankiert. Parallel wird dann der Erdgas-Ausstieg bis 2035 geregelt. Neuzulassungen von PKW-Verbrennern enden 2030, ein Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde wird eingeführt, der ÖPNV ausgebaut und perspektivisch kostenfrei. Im Baubereich …

Das waren nicht nur zwei bis drei, sondern schon vier Schritte. Daher darf ich zwischenfragen: Große Ziele sind das eine. Auch die Groko hat ja kurzfristig für 2022 die Ausschreibungsmengen für Wind und Solar deutlich erhöht. Was aber braucht es, damit die fehlenden Projektierungsflächen schnellstens zur Verfügung stehen?

Lorenz Gösta Beutin: Wir benötigen bundeseinheitliche Vorgaben zum Artenschutz und erleichterte Bedingungen für Repowering bei Windkraft. Die Genehmigungsbehörden erhalten deutlich mehr Personal. Die Sicherung der Akzeptanz vor Ort bedeutet für uns eine stärkere Beteiligung der Standortkommunen an den Einnahmen der Ökostrombetreiber als bislang vorgesehen, Betreiber von Altanlagen erhalten Mehrkosten erstattet. Dies gilt auch für Nicht-EEG-Neuanlagen. Die Bestimmungen der Flugsicherung dürfen nicht mehr zur flächendeckenden Verhinderung von Windkraftanlagen führen.

Atomausstieg und aufgrund steigender CO2-Preise frühzeitige Aufgabe von Kohlekraftwerken, Wasserstofferzeugung, und so weiter – nicht zu vergessen, dass Sie den frühen Gas-Ausstieg fordern: Wie ist zu verhindern, dass daraus Chaos und steigende Energiepreise entstehen?

Lorenz Gösta Beutin: Die Versorgungssicherheit ist durch den geplanten Atomausstieg bis 2022 und einen Kohleausstieg bis 2030 nicht gefährdet. Der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur sollte nicht über Energiepreise finanziert werden. Ökostrom muss günstiger werden: Um die Stromwende sozialer zu gestalten und die Sektorkopplung zu unterstützen, wollen wir die Stromsteuer senken und die EEG-Entgelte an die Ökostrombetreiber künftig aus dem Bundeshaushalt bezahlen.

Klimapolitisch muss mehr denn je inzwischen international koordiniert werden? Wo würden Sie hier energie- und außenpolitisch gerne ganz neue und andere Akzente setzen?

Lorenz Gösta Beutin: EU-weit muss ein Umdenken einsetzen weg von einer Marktfixierung hin zu einer planbaren Politik, die auf der Grundlage des verbleibenden Restbudgets der Mitgliedstaaten klare Vorgaben in den Bereichen Industrie, Energie, Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft erarbeitet. CO2-Preise haben kaum Lenkungswirkung und wirken sozial ungerecht. Die EU-Energiecharta muss beendet werden, wir brauchen einen EU-Kohleausstieg bis 2030 und einen klaren Plan für einen Erdgas-Ausstieg.