Die Verbände BDEW, VDMA und BWO und die drei Offshore-Windparks anbindenden Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz, Amprion und Tennet haben eine gemeinsame „Branchenerklärung zur Stabilisierung des Offshore-Wind-Ausbaus“ in Deutschland vorgelegt. Darin fordern sie eine Verschiebung der im Sommer vorgesehenen nächsten Ausschreibungen von Meereswindparks vom 1.6. und 1.8. kommenden Jahres auf das vierte Quartal als Zeitraum für die dann nächste Ausschreibungsrunde für Meereswindparks. Die Verschiebung soll Zeit einbringen, um bestehende Ausschreibungsflächen für eine insbesondere weniger dichte Bebauung mit Windturbinen neu zu definieren und ein neues Ausschreibungssystem mit Differenzverträgen als Grundlage einzuführen.
BDEW will Atempause für kriselnden Windparkbau in deutscher See
Offshore-Branche fürchtet Fadenriss und plädiert für Differenzverträge
Warum es keine Gebote auf die jüngste Offshore-Ausschreibung gab
So fordern die Branchenvertreter den Start der von der Europäischen Union (EU) ohnehin auch ab 2027 verlangten Differenzvertrags-Auktionen mit üblichen produktionsabhängigen zweiseitigen Zuschuss- und Abgabe-Verpflichtungen schon ab Ende kommenden Jahres. Die Differenzverträge, international CFD abgekürzt, sehen einen staatlichen Zuschuss zu den Stromhandelseinnahmen vor, wenn die Betreiber ihren Strom im kurzfristigen Handel billiger als eine in der Ausschreibung bezuschlagte untere Preisschwelle verkaufen müssen. Und sie sehen Rückzahlungen von übermäßigen Gewinnüberschüssen durch die Betreiber vor, wenn im Stromhandel sich Preise höher als ein oberes bezuschlagtes Vergütungsniveau bildeten.
Mittelfristig solle die Vergütung aber durch produktionsunabhängige CFD erfolgen. Wann deren Ausschreibungen beginnen sollten, ließen die vier unterzeichnenden Parteien offen. Produktionsunabhängige CFD lassen die konkrete Einspeisung der bezuschlagten Windparks bei der Vergütung außer Acht und sehen Zuschüsse und Überschussabgaben gemäß einer fiktiven Referenzanlage vor. Das sichert die Betreiber gegen das Risiko negativer Strompreise ab, ohne den Anreiz zum Herunterfahren der Erzeugung bei negativen Stromreizen zu nehmen. Dieser spezielle Vergütungsmechanismus soll zudem Fehlanreize des Marktes vermeiden.
Speziell die Leistungsdichte auf den auszuschreibenden Flächen soll künftig zudem auf höchsten 10 Megawatt (MW) pro Quadratkilometer oder weniger beschränkt bleiben. 2024 und 2025 aber waren Flächen mit Baudichten der Nennleistung von oft 12 bis 13 MW pro Quadratkilometer und im Spitzenfall sogar über 14 MW pro Quadratkilometer zur Ausschreibung gekommen.
Nach dem erstmaligen Scheitern einer Offshore-Windkraft-Ausschreibungsrunde ohne eine einzige Bieterbeteiligung in Deutschland im und zuvor schon rasch rückläufigem Wettbewerb bei den Ausschreibungen für neue Windparkentwicklungsflächen im Meer gilt der Reformbedarf für das Auktionssystem hierzulande als dringender denn je. Der BDEW hatte bereits als erster Verband unlängst eine Verschiebung der nächsten Ausschreibung der Offshore-Windprk-Entwicklungsflächen gefordert, weil im Falle eines nochmaligen Scheiterns die Gefahr eines an Vertrauen verlierenden deutschen Offshore-Windkraft-Marktes bestehe.
Die sechs unterzeichnenden Organisationen und Unternehmen fordern zusätzlich eine auch in anderen europäischen Offshore-Windkraftländern schon genutzte Indexierung der Ausschreibung, um die Wettbewerber gegen die Inflation abzuschirmen. Demnach sollen die Vergütungslimits im Verhältnis zu den Preissteigerungen sowohl während der abschließenden Windparkprojektierung und des Windparkbaus vom Zeitpunkt des Zuschlags an ansteigen, als auch in der Zeit des Windparkbetriebs. Die Unterzeichnenden sehen zwei Index-Bemessungen vor: Vor der Inbetriebnahme bemessen an den Kapital- beziehungsweise Investitionskosten, Capex genannt, nach Inbetriebnahme an den branchenweiten beziehungsweise inflationsbedingten Kostensteigerungen im Betrieb. Eine bessere Auslastung der Netzinfrastruktur sehen die Autorinnen und Autoren der Erklärung ebenfalls als wichtige Maßnahme zur sofortigen Kostendämpfung.
Die Flächenoptimierung sollten Netzbetreiber und Offshore-Windkraft-Branchenvertreter gemeinsam mit den für den Meereswindkraftausbau zuständigen Behörden klären.
Zusätzliche neue Attraktivität für Investoren und Windparkprojektierungsunternehmen erhoffen sich die Initiatoren durch eine Verlängerung der Fertigstellungsfristen von sechs auf zwölf Monate, durch bei unverschuldeter Verzögerung nur stufenweise sich verschärfende statt pauschaler Sanktionen, durch Genehmigungen für längere Betriebszeiten als bisher von bis zu 35 Jahren und auch längere CFD-Mindestvergütungsdauern von mehr als 20 Jahren. Außerdem solle der Fokus beim Neuzuschnitt der Flächen auf dort zu erzielende Erträge wechseln anstelle der bisherigen Vorgabe einer bestimmten Erzeugungskapazität.