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Kommentar zu Obama und Merkel

(Freihandels-)Messe gelesen

Plötzlich ist Obama wieder weg. Er flog nach seinem Besuch der Industrieschau Hannover Messe am Montag wieder in die USA. Es war einer von vielen noch bevorstehenden Abschieden des als Hoffnungsträger vieler, auch als Hoffnungsträger der Energiewende-Bewegung gestarteten obersten Repräsentanten der aktuell einzigen Weltmacht. Das politische System der Vereinigten Staaten verweigert ihm, dass er nach zwei Amtszeiten ein drittes Mal gewählt werden darf. Im November tritt daher der erste schwarze US-Präsident ganz von dieser Bühne ab.

Sein Auftritt indes bei der Eröffnung der weltgrößten Industriemesse – Partnerland der Hannover Messe 2016 sind die USA – erinnerte unfreiwillig an die zwiespältige Bilanz seiner Umwelt-, Energie- und Klimapolitik: Wo er im öffentlichen Raum auftrat, machte Obama Eindruck – in der niedersächsischen Landeshauptstadt schon durch die von Scharfschützen auf Dächern großräumig abgesicherten Pufferzonen. Doch wirklich zu sehen bekam ihn fast niemand, außer geladener Prominenz und ausgesuchter Statisten, die für die werbewirksamen Fotos als Publikum benötigt werden. Und nun ist Obama wieder verschwunden wie ein Phantom. Sein Beitrag zur Hannover Messe wirkte trotz manch starker Worte nichtssagend und so wenig greifbar wie trotz großer Ausbauvolumen die von ihm vorangetriebene Klimapolitik.

Das von Obama ausgegangene Versprechen der Hoffnung auf eine mutige befreiende Politik hat wie in Hannover deutlich spürbar seine Strahlkraft komplett verloren. Zur Erinnerung: im Präsidentenwahlkampf gewann er einst mit dem Slogan „Hope“. Nun, in Hannover, hat Obama mehr oder weniger Erbauliches zur wirtschaftlichen Bedeutung der US-Industrie gesagt - und ansonsten dem deutschen Partner sprichwörtlich die Messe gelesen: Gesagt, wo es nach Meinung der US-Politik lang geht. Für Deutschland aber schlimmer ist: Die ihn begleitende deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in dieser Situation als bloße Ja-Sagerin zu einer von Obama in Hannover vertretenen eiskalten Agenda gezeigt. Zu der gehörte nicht viel mehr, als die Einforderung militärischer Bündnistreue, weiterer Geldsummen für Rüstung und eines 100-prozentigen Bekenntnisses zum neuen von den USA vorangetriebenen Freihandelssystem. Zu Merkels Rolle als Gastgeberin passte das wie die von den USA zum Export vorgesehenen Energierohstoffe aus umweltschädlichem Fracking zum Klimaschutz. Als Repräsentantin einer Industriemesse mit dem diesjährigen Schwerpunktthema Energie – „Integrated Industry – integrated energy“, als Regentin zumal eines Landes, das das Wort „Energiewende“ erfand, hat die einstige Klimakanzlerin beim Obama-Besuch mindestens ebenso versagt.

(Tilman Weber)