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Steuerskandal in Luxemburg

Drei neue Fragen an Eon

Es ist eine Sympathie-affine Frage von gut geeigneten Identifikationsfiguren wie dem fiktiven gemütlich Kaffee holenden Architekten Robert Beck, die derzeit wieder in Werbefilmchen für den Stromversorger läuft. Sie gibt in diesen Trailern die Steilvorlage der Botschaften Eons – meist darf der Konzern dann seine Affinität zu erneuerbaren Energien und sein Engagement für intelligente Lösungen zur Energiewende verkünden. Doch nun geht es um Dutchdelta. Das klingt schon vom Namen her nicht so gut, und auch der Firmensitz dieser Eon-GmbH Luxemburg hatte schon vor den Enthüllungen seit dem 5. November keinen guten Leumund.

Nun haben Zeitungen wie die Süddeutsche Zeitung in Deutschland mit einer minutiösen Recherche enthüllt, welches Steuerschlupfloch der Kapital-freundliche Kleinstaat Luxemburg für deutsche Großunternehmen ist. Und dass sich unter den dort die Kapitaleinkünfte mit nur einem Prozent Zinsen versteuernden Firmen auch der Energiekonzern aus Deutschland befindet. Eon ist nicht das einzige deutsche Unternehmen mit einem solchen Modell in dem kleinen Nachbarland, aber der einzige aus der Riege der großen Energieversorger. Ingesamt soll es um mehrere Milliarden Euro Firmenkapital gehen, die am Fiskus vorbei geführt viele Jahre lang die deutschen Steuerzahler prellten.

Justiz klärt, ob die Steuervermeidungsfirma wirklich in Luxemburg sitzt

Vor Gerichten wird nun laut den Recherchen der einschlägigen großen Wirtschaftsredaktionen die technische Frage geklärt werden müssen, ob das Tochterunternehmen Dutchdelta SARL wirklich ein Luxemburger Unternehmen ist – oder eben eine Briefkastenfirma. Denn das Steuervermeiden durch Ausnutzen zweifelhafter Steuermodelle einiger Finanzmarkt-Länder in der Europäischen Union (EU) ist nicht justiziabel. Schließlich lassen die rechtswirksamen Regeln der EU den Steuerwettbewerb in der Union ausdrücklich zu – und sollen ihn sogar fördern. Zu Strafen kann der Luxemburg-Trick von Eon und Co nur führen, wenn die dort ansässige Firma nur zum Schein dort ist, in Wirklichkeit aber gar nicht in Luxemburg gesteuert wird. Deshalb prüfen die Juristen nun, ob Entscheidungen über die Kreditvergaben an die Konzernteile, der Unternehmenszweck der Dutchdelta, in Luxemburg fallen oder in Düsseldorf. Belegt ist: Gewinne hat der Kapitaldienst fast keine ausgewiesen und daher auch die deutlich höhere Luxemburger Unternehmenssteuer nicht gezahlt. Verlustvorträge hätten die Gewinne geschmälert, argumentiert Eon. Doch auch die Zahl der Beschäftigten liege bei genau Null, argumentieren die enthüllenden Medien. Sie verweisen auf Dokumente mit zigtausenden Seiten, die ihnen vorlägen. Eon antwortete bisher einzig, das sei falsch, dort sei sehr wohl genau ein Mitarbeiter beschäftigt.

Doch abseits dieser technischen Fragen und der Klärung der Strafbarkeit – die volkswirtschaftliche Dimension scheint klar: Von den im Jahr 2012 eingenommenen 130 Millionen Euro der Dutchdelta zahlte Eon etwas weniger als 1600 Euro Steuern. Nicht anders sah es in Vorjahren aus: 2009 und 2010 betrugen die Steuerzahlungen der Dutchdelta 38.000 und 38.500 Euro – bei einer hohen zweistelligen Millionensumme der Zinseinnahmen aus dem Kapitaldienst. Genau scheint es noch niemand ermittelt oder gar bewiesen zu haben. Aber von Milliarden-Krediten ist die Rede. Und im Blickpunkt steht hier scheinbar die in Deutschland sitzende Eon Finanzanlagen GmbH. Sie habe alleine 2009 die Dutchdelta mit fünf Milliarden Euro gefüttert. Im Jahresbericht 2012 steht nur: „Die Ausschüttung von Kapitalrücklagen der E.ON Finanzanlagen GmbH führte im Vorjahr zu einem Ergebnisbetrag von 3.660 Mio €.“

Welche Dimension hat der umstrittene Eon-Kapitaldienst?

Zum Vergleich: Der Jahresumsatz der Düsseldorfer reduziert sich immer mehr. In den ersten neun Monaten betrug er 6,6 Milliarden Euro, bei einem Konzernüberschuss von noch 255 Millionen Euro. Der mit einem Portfolio von 61 Gigawatt (GW) Strom erzeugende Konzern leidet auch unter der deutschen Energiewende – erzeugt bislang mit knapp sechs GW Strom auch aus erneuerbaren Quellen, davon fünf Gigawatt aus Windkraft, wenn auch fast ausschließlich außerhalb Deutschlands. Doch der Rest der von Eon vermarkteten Energie stammt überwiegend aus Atom- oder Kohlekraftwerken. Negativ wirkte sich für Eon auch das im Zuge von politischen und wirtschaftlichen Sanktionen der EU-Staaten nachlassende Russland-Geschäft aus. Hier ist Eon im Gasbereich tätig.

Drei neue Fragen: Sag mal ....

Drei Fragen ließen sich nun an Eon berechtigt stellen – die vielleicht aber von dem Konzern nie direkt beantwortet werden müssen:

  • Sag mal Eon, habt Ihr dafür auch ´ne Lösung? Ihr klagt gegen den deutschen Staat aufgrund des Atomenergieausstiegsgesetzes auf Entschädigung. Schmälert das Steuerprellen in Luxemburg bei einer Verurteilung in der Causa Dutchdelta eure Chancen vor deutschen Gerichten, für das gesetzlich vorgeschriebene Abschalten der Atomkraftwerke bis 2023 Entschädigungen durchzusetzen? Wird das nicht irgendwie verrechnet werden müssen?
  • Sag mal Eon, habt Ihr dafür auch ´ne Lösung? Ihr geht wahrscheinlich davon aus, dass Dutchdelta ja ohnehin mit schon versteuertem eigenen Kapital arbeitet. Moralisch also nicht so viel falsch ist. Doch macht ihr die Kapitalvergabe der Finanzanlagen GmbH an die Dutchdelta nicht irgendwie zu einem Minus an anderer Stelle in eurer Bilanz um dann dort wieder weniger Versteuerbares ausweisen zu müssen? Denn irgendeinen Zweck wird die Organisation einer Null-bis-Ein-Mitarbeiterfirma ja doch haben.
  • Sag mal Eon, habt Ihr dafür auch ´ne Lösung? Ihr wollt die erneuerbaren Energien fördern. Dann sagt uns doch mal, an welche Unternehmensbereiche die Milliarden der Dutchdelta wirklich verliehen wurden? Dann könnten wir vielleicht mehr verstehen?
  • (Tilman Weber)