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Antidumpingverfahren

EU Pro Sun zweifelt an Chinas Status einer Marktwirtschaft

Der Streit um die Importe chinesischer Solarmodule und Zellen nach Europa bekommt derzeit eine neue Dynamik. Denn derzeit debattiert die Europäische Kommission, ob China als Marktwirtschaft anzuerkennen sei. Wenn Brüssel Peking dies bestätigt, hätte das nicht nur Auswirkungen auf die bestehenden Antidumpingmaßnahmen gegen die chinesischen Modulhersteller, sonder auch auf die derzeit laufende Untersuchung, ob diese Maßnahmen verlängert werden sollen. Denn wenn China als Marktwirtschaft eingestuft wird, könnten die Zölle sinken.

Chinesische Preise als Referenz

Bisher hatte die Europäische Kommission in der Regel ein Drittland herangezogen, um die Höhe der Zölle festzulegen, die auf chinesische Importe zu zahlen sind, wenn diese als gedumpt eingestuft wurden, wie das für Solarmodule geschehen ist. Das führte immer zu höheren Preisen, für die die Waren hätten verkauft werden müssen und damit zu höheren Zöllen. Dieses Vorgehen wurde damit begründet, dass China keine funktionierende Marktwirtschaft ist und damit die Verkaufspreise in China nicht als Vergleich herangezogen werden können. Wird das Reich der Mitte jedoch als Marktwirtschaft eingestuft, müssten bei laufenden Untersuchungen die Verkaufspreise in China als Referenzwert herangezogen werden. Dann könnten die Strafzölle und Mindestverkaufspreise für chinesische Solarmodule fallen.

EU Pro Sun sieht Solarindustrie in Gefahr

Bei den Herstellern, die sich unter dem Dach von EU Pro Sun zusammengefunden haben, sorgt das für Kritik. Die Vertreter der Herstellerplattform warnen die Kommission in Brüssel davor, China den Status einer Marktwirtschaft zu geben. „Ohne effektive Antidumpingmaßnahmen wird Europa seine gesamte Solarindustrie verlieren“, warnt Heiko Stubner, Sprecher von EU Pro Sun. „Die derzeitige Entwicklung in der Solarindustrie basiert auf europäischer Technologie und der Führerschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die EU würde leichtsinnig diese führende Rolle aufgeben, wenn sie China als Marktwirtschaft einstuft.“

Deutschland ist verhalten für eine Anerkennung

Die Europäische Kommission wird am 20. Juli in Brüssel beraten, ob sie China den Status einer Marktwirtschaft zuspricht. Das Europäische Parlament hat das bereits im Mai schon mal abgelehnt. Die Europäer sind in dieser Frage sehr gespalten. So ist Großbritannien dafür, China als Marktwirtschaft anzuerkennen. Doch die Briten haben mit ihrem Votum für einen Austritt aus der EU die Riege der Unterstützer Chinas nicht gerade gestärkt. Zu den Befürwortern einer Einstufung Chinas als Marktwirtschaft gehören aber auch unter anderem die Niederlande und die skandinavischen Länder. Auch Deutschland unterstützt verhalten den Kurs, China als Marktwirtschaft anzuerkennen. Vehement dagegen ist unter anderem Italien.

Jedes Land entscheidet selbst

China hingegen fordert, dass der Status als Marktwirtschaft endlich anerkannt wird. Denn als das Reich der Mitte im Jahr 2001 der Welthandelsorganisation (WTO) beigetreten ist, wurde Peking zugesichert, dass spätestens 15 Jahre danach da Land als Marktwirtschaft anerkannt wird. Auf die Einhaltung dieser Zusage pocht die Regierung in Peking jetzt. Doch die WTO stellt auch klar, dass es keine generelle Entscheidung darüber geben wird, sondern dass die Mitgliedsstaaten das individuelle entscheiden. Unter anderem die Schweiz, aber auch Brasilien, Australien und Neuseeland haben das schon wie fast 80 weitere Staaten getan.

Ob die Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft durch Russland eine gute Referenz ist, sei einmal dahingestellt. Doch immerhin ist China seit vielen Jahren einer der größten Handelspartner der EU. Auf der anderen Seite betreffen 56 der derzeit 73 laufenden Antidumpingmaßnahmen chinesische Produkte.

Peking erfüllt nur eines von fünf Kriterien

Außerdem hat die EU klare Kriterien aufgestellt, wie eine Marktwirtschaft auszusehen hat, um von Brüssel als solche anerkannt zu werden. So muss unter anderem das geistige Eigentum geschützt und ein funktionierendes Insolvenz- und Gesellschaftsrecht etabliert werden. Zudem darf die Regierung keinen Einfluss durch Preiskontrollen oder die Benachteiligung in Steuerfragen nehmen. Bisher erfüllt Peking nur eines der Kriterien. Denn die Regierung nimmt keinen Einfluss auf Privatisierungen. „Chinas Behandlung in Antidumpinguntesuchungen muss strikt auf diesen fünf Kriterien der EU für einen Marktwirtschaft beruhen“, fordert Stubner. Er argumentiert, dass die fünf Kriterien schließlich schon gültig waren, bevor China der WTO beigetreten ist. „Bis China nicht die marktwirtschaftlichen Regeln wirklich umgesetzt hat und das Dumping stoppt, kann es nicht als Marktwirtschaft anerkannt werden“, betont Stubner. (Sven Ullrich)