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Bürokratie-Wahnsinn: 66 Ordner für Genehmigung eingereicht 

Gut ein Jahr nach Start des Innovationsvorhabens Energiepark Bad Lauchstädt gibt es erste wichtige Erfolge der technischen Projektumsetzung. Gleichwohl müssen zusammen mit Politik und Verwaltung Hürden überwunden werden. Hauptthema dabei: es fehlt an regulatorischen Rahmenbedingungen, um auch die wirtschaftliche Seite des Vorhabens realisieren zu können.  

Im September des vergangenen Jahres haben die Konsortialpartner Terrawatt Planungsgesellschaft mbH, Uniper, VNG Gasspeicher GmbH (VGS), Ontras Gastransport GmbH, DBI - Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg sowie VNG AG ihre Arbeit an den einzelnen Teilprojekten des Energieparks Bad Lauchstädt mit Hochdruck aufgenommen. So hat die Terrawatt Planungsgesellschaft mbH – verantwortlich für die Errichtung des Windparks – ihr Engagement auf das Genehmigungsverfahren ausgerichtet und erwartet den Abschluss und damit den Genehmigungsbescheid in den kommenden Wochen. Die ersten Antragsunterlagen habe das Konsortium bereits im Jahr 2020 eingereicht „und es hat schließlich bis Juni dieses Jahres gedauert, bis wir die Vollständigkeit unserer Antragsunterlagen bestätigt bekommen haben“, heißt es beim Energiepark Bad Lauchstädt. Das liege im Wesentlichen daran, dass die Art und der Umfang der Verfahrensunterlagen immens sei und die Verfahren dringend überarbeitet werden müssen. „Wir mussten im Laufe des Verfahrens noch einige Unterlagen nachreichen und entsprechend vorher aufbereiten, was mit intensiven Abstimmungen mit Behörden verbunden ist. Das ist sehr zeitintensiv“, so das Konsortium. „Zudem wurden daraufhin die Träger öffentlicher Belange mehrfach um ihre Stellungnahme gebeten, was im regulären Verfahrensablauf nicht zwingend vorgesehen ist. Wir hatten also viel früher auf eine Bescheidung der Behörde gehofft.“ Nun seien wohl personelle Engpässe ein weiterer Anlass dafür, dass die Behörde ihre Bearbeitungsfrist nach Vollständigkeitsbescheinigung nahezu vollständig ausschöpfen könne.

Umstellung der vorhandenen Gasleitung auf den Transport von Wasserstoff

Auch für Uniper standen zunächst die Planung und Genehmigung des Elektrolyseurs im Fokus. Der Abschluss des Verfahrens und damit der Genehmigungsbescheid wird ebenfalls in Kürze erwartet. Darüber hinaus wurde über eine Ausschreibung bereits ein Lieferant für den Elektrolyseur gebunden. Die VNG Gasspeicher GmbH hat für die Speicherung des Wasserstoffs bereits die Genehmigung zur Errichtung/Umbau der Obertageanlage an der umzuwidmenden Salzkaverne vom Landesbergamt Sachsen-Anhalt erhalten und beschäftigt sich aktuell mit der Detailplanung zur Obertageanlage. Für die Umstellung der vorhandenen Gasleitung auf den Transport von Wasserstoff wurde durch die Ontras Gastransport GmbH eine umfassende Molchung durchgeführt. Die Ergebnisse dieses Reinigungs- und Diagnoseverfahrens werden in Kürze zeigen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um einen sicheren Transport des hochreinen Wasserstoffs zu gewährleisten. Parallel hat das DBI – Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg im Rahmen der begleitenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zusammen mit den Partnern ein Gesamtlayout mit allen Schnittstellen sowie Einzellayouts der Baugruppen entwickelt, um die bisher einmalige Kopplung aller Wertschöpfungsstufen zu ermöglichen. Lediglich die abschließende Entwicklung des Geschäftsmodells stellt die Konsortialpartner rund um die VNG AG trotz der abgeschlossenen Szenarien-Analyse für verschiedene Geschäftsmodelle aktuell noch vor Herausforderungen. 

Investitionsunsicherheit verhindert marktfähigen Preis

„Neben den technischen Entwicklungen für die Genehmigungsverfahren haben wir in den vergangenen Monaten intensiv an der Entwicklung eines wirtschaftlichen Geschäftsmodells gearbeitet, können dies aber derzeit noch nicht abschließen“, sagt Hartmut Krause als stellvertretender Projektleiter und zugleich Geschäftsführer des DBI. Er betont: „Der fehlende finale Entwurf des Delegated Act zur RED II und dessen Übersetzung in nationales Recht insbesondere in der 37. und 38. BImSchV sorgen für viele Unsicherheitsfaktoren. Wir haben damit keine Sicherheit, ob über die Wertschöpfungsstufen hinweg der erzeugte und eingesetzte Windstrom sowie unser Grüner Wasserstoff durchgehend als Grün und klimaneutral eingestuft werden können – dies muss schnellstens geregelt werden.“

Die aktuelle Situation im regulatorischen Bereich berge für das Konsortium eine große Investitionsunsicherheit und hindere daran, einen marktfähigen Preis für das Produkt zu benennen und somit auch Verträge mit interessierten Kunden zu schließen, ergänzt Cornelia Müller Pagel, Projektleiterin und Leiterin Grüne Gase der VNG AG. „Die zeitliche Verzögerung bei der Gestaltung des Rechtsrahmens verschärft diese Situation für uns mit Blick auf die Investitionskosten.“ Man sei ursprünglich von einer Gesamtinvestition von 139 Millionen Euro ausgegangen – von denen 34 Millionen über das BMWK gefördert werden. „Wir wissen bereits, dass diese Gesamtinvestitionssumme nach oben korrigiert werden muss, da die Beschaffungspreise täglich steigen. Als Konsortium sehen wir uns über die einzelnen Partner hinweg unter diesen Umständen noch nicht, wie ursprünglich geplant, in der Lage, diese erheblichen Investitionen freizugeben.“

Grundsätzlich sieht das Konsortium folgende Hürde bei Verfahren dieser Art:

1. Personelle Engpässe bei Behörden

2. Noch immer wenig Erfahrung mit Vorhaben dieser Art

3. Sehr bürokratisches Vorgehen – Antragsunterlagen mussten vollständig als Druckexemplare eingereicht werden, was zu einem Umfang von insgesamt 66 Ordner geführt hat und auch jedes nachgereichte Dokument musste parallel als Druckexemplar eingereicht werden.

Baulichen Standortvorbereitung für Windpark, Elektrolyseur sowie die Obertageanlage des Speichers

Auf technischer Seite treiben die Partner die Arbeiten im Projekt weiter voran. So werden sie in den kommenden Monaten Maßnahmen zur baulichen Standortvorbereitung für Windpark, Elektrolyseur sowie die Obertageanlage des Speichers vorbereiten. Darüber hinaus werden bis Mai kommenden Jahres für den Speicherbetrieb das Sicherheitskonzept sowie ein Konzept zur bidirektionalen Gasmengenmessung erstellt. Unter der Voraussetzung, dass die notwendigen Investitionsentscheidungen 2023 wie derzeit vorgesehen getroffen werden können, werden der Windpark voraussichtlich zum Jahreswechsel 2023/24 und der Elektrolyseur zusammen mit der Gasreinigung und Gasmengenmessung im 3. Quartal 2025 in Betrieb genommen. Die Umstellung der Transportleitung kann hingegen bereits zum 3. Quartal 2024 erfolgen und dann erste Tests durchlaufen. Einen durchgängigen Forschungsbetrieb über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg kann das Konsortium nach aktuellem Stand ab dem 3. Quartal 2025 aufnehmen.