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Kommentar zur Energiepolitik

Regierung zwischen Abstands-Getrickse und Solardeckel-Poker

Nicole Weinhold

Peter Altmaier spricht heute auf dem Neujahrsempfang des Bundesverband Erneuerbare Energie. Der Bundeswirtschaftsminister wird ebenfalls für eine Rede erwartet bei RWE. Die passenden Worte findet er sicherlich für beide Podien. Zuvor, beim Treffen von Bund und Ländern zur Energiewende im Kanzleramt wird vielleicht nicht viel rauskommen. Im Vorfeld wurde schon gemunkelt, dass die wichtigen Entscheidungen wohl auf Anfang März beim Treffen mit den Länder vertagt werden.

Green New Deal

Gleichwohl sollte sich Peter Altmaier darüber im Klaren sein, dass sein politischer Kurs für das Deutschland von morgen elementar ist - und auch für Europa. Denn dort orientiert man sich an dem, was Deutschland tut oder nicht tut. Deutschland war einmal mehr Vorbild, ist es aber immer noch ein bisschen. Ursula von der Leyen hat mit ihrem Green New Deal eine Steilvorlage geliefert. Verhindert der CDU-Mann die deutsche Energiewende jedoch weiterhin, verbaut er Deutschland den Weg in ein neues Wirtschaftszeitalter.

Höhere Ausbauziele im Erneuerbare-Energien-Gesetz

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt zu Recht vor einer weiteren Vernachlässigung des Windenergieausbaus. Die kürzlich veröffentlichten Zahlen vom Bundesverband Windenergie belegen das historische Ausbautief, das die Energiewende und damit die Klimaschutzziele in Gefahr bringt. Die DUH fordert deshalb von Bund und Ländern ein entschlossenes Vorgehen, um 2020 zum Jahr der Windenergie zu machen. Neben höheren Ausbauzielen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) brauche die Branche insbesondere bei der Flächenausweisung und Genehmigung mehr Verbindlichkeit durch konkrete Ziele sowie Rechtssicherheit. Das sollte zwar längst klar sein, weil das nicht erst seit gestern so ist. Aber noch immer sind die Erneuerbaren kein Selbstläufer. Sie sind zwar die billigste und sauberste Technologie, aber sie stehen einer alten Denkweise und vor allem einem Haufen kommunaler Aktionäre im Weg, die ihre Anteile bei RWE haben. Der Konzern fußt immer noch zu 70 Prozent auf fossilen Energien. Der Kohleausstieg wird ihm und damit auch den Aktionären zu schaffen machen. Das prägt auch die Denke einiger kommunaler Energieversorger.

Entschädigung motiviert Kraftwerke länger am Netz zu lassen

Während Kerstin Andreae vom BDEW findet, dass Stadtwerke mit Steinkohlekraftwerken beim Kohleausstieg benachteilt werden, sehen die meisten Experten eher, dass RWE und Co. der Ausstieg ohne Sinn und Verstand vergoldet wird. Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), hält die hohen Direktzahlungen an die Kraftwerksbetreiber als Entschädigung für das Abschalten von Anlagen für falsch: "Sie hebeln das Verursacherprinzip aus, demzufolge derjenige, der emittiert, entsprechend zahlen soll." Nun bekomme derjenige Geld, der das Emittieren einstellt. "Deswegen haben die Betreiber einige Kraftwerke länger als wirtschaftlich darstellbar am Netz gelassen – um nun Entschädigungszahlungen zu erhalten."

Es fehlt ein klares Bekenntnis zu den Erneuerbaren

Das größte Problem aber haben Kommunen und Länder mit der Unsicherheit, die von der Bundesregierung ausgeht. Diese tut sich immer noch schwer damit, sich klar zu Wind und Solar zu bekennen. Ja, wir wollen Klimaschutz - das hört man überall. Aber: Ja, wir brauchen in Deutschland einen massiven Zubau an Wind- und Solaranlagen - das hören wir nicht aus dem Wirtschaftsministerium. Länder und Kommunen wissen daher nicht, ob sie wirklich auf Erneuerbare setzen sollen. Genau das ist das große Problem.

52-GW-Deckel muss endlich fallen

Der BWE wünscht sich vom Bundeswirtschaftsministerium eine Imagekampagne für die Windkraft. Ja, das wäre schön und gut. Oder einfach das klare Bekenntnis zu den Erneuerbaren mit alle angekündigten, aber immer noch ausstehenden Maßnahmen: Längst überfällig ist dabei der Fall des 52-GW-Förderdeckels für die Photovoltaik im EEG. Die Entdeckelung dulde keinen Aufschub mehr, da bereits im April mit einem Erreichen der 52-Gigawatt-Marke gerechnet werden muss und ohne Förderung kaum noch neue Solardächer errichtet werden, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar: "Wird diese Zusage weiter verschleppt oder als Verhandlungspoker missbraucht, wird nach dem Markteinbruch bei der Windkraft auch der Photovoltaik-Markt in Deutschland weitgehend zum Erliegen kommen."

Schmutziger Deal in Vorbereitung?

Und wieder einmal fragt man sich: Was soll die Verzögerung? Zu befürchten ist, dass die Anhebung des Deckels Teil eines Deals werden soll, wo sich auf der anderen Seite faule Kompromisse anhäufen würden: Nach dem Motto: Wenn der Deckel fällt, bekommen wir aber die 1.000 Meter Abstand der Windkraft zur Wohnbebauung. Eine pauschale Abstandsregelung hätte bis zu 40 Prozent der potenziellen Flächen für Windenergie beschnitten.

Zwar hat die Fraktion CDU/CSU den Vorschlag überarbeitet, aber obwohl die sogenannte „5-Häuser-Regelung“ jetzt entfallen ist, hat sich nichts verbessert. Stattdessen wäre laut BWE mit dem neuen Vorschlag der Ausbau der Windenergie auf lange Zeit erschwert.

1000-Meter-Regelung

Da nun alle Gebiete von der 1000-Meter-Regelung betroffen sind, in denen Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind, reicht die Ausschlusswirkung der 1.000 Meter noch über den BMWi-Entwurf hinaus. So seien nun laut BWE zum Beispiel auch Mischgebiete, Dorfgebiete und in bestimmten Konstellationen sogar Splittersiedlungen im Außenbereich einbezogen, wo grundsätzlich keine Wohnbebauung vorgesehen ist, sondern bestimmte baulichen Anlagen wie Windenergieanlagen Vorrang genießen.

Absurdes Theater

Das Ganze ist ein absurdes Theater, wenn man sich vor Augen führt, dass die Energiewende inzwischen längst Pflichtprogramm vonseiten der EU und auch aufgrund des Pariser Klimaabkommens ist. Es ist absurd, weil die fossilen Energie schädliche Stoffe freisetzen, die wir einatmen und die unsere Gewässer verschmutzen.