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5 Argumente: So behinderten Populisten das Heizungsgesetz

Wer 2023 die emotional geführte Debatte um das Gebäudeenergiegesetz verfolgte, rieb sich zwischendurch gern mal die Augen – so sehr eskalierte die Diskussion. Zwar konnten die Gegner letztlich das Gesetz nicht verhindern, doch sie sorgten für eine verlangsamte Umsetzung und beschädigten mit ihren häufig unsachlichen Argumenten die Wärmewende, die doch angesichts des Klimawandels möglichst zügig umgesetzt werden sollte.

Eine kurze Studie des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit in Potsdam, der Bauhaus-Universität Weimar und der Universität Hamburg hat nun die Strategien dahinter untersucht, um für künftige Diskussionen besser gewappnet zu sein. „Angesichts des langsamen Tempos der Transformation zur Nachhaltigkeit und der zunehmenden Konflikte müssen wir die Rolle etablierter und rechtspopulistischer Akteure besser verstehen“, sagt Tobias Haas vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS). Die Forschenden werteten Dokumente aus Ministerien und Parlamenten, Medienbeiträge sowie Stellungnahmen von Politikerinnen und Politikern verschiedener Parteien aus. Sie erkannten fünf Argumentationsstränge.

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1. Die Menschen werden enteignet

Mehrere Politiker und Medienvertreter hätten den Kritikpunkt geäußert, dass das Gebäudeenergiegesetz eine Form der Enteignung darstelle, heißt es in einer Presseinformation der Forschenden. Es gefährde das Recht der Menschen auf freie Verfügung über ihr Immobilieneigentum. In einem Beitrag des Magazins „Focus“ war die Rede von einer „Enteignung durch die Hintertür“, die rechtsextreme AfD argumentierte in ihrer Kampagne „Heizhammer stoppen!“ ähnlich.

2. Die Menschen werden entrechtet

Der zweite Kritikpunkt, den die Forschenden identifizierten, unterstellte eine Art Entrechtung der Bürgerinnen und Bürger. Dieses Argument basierte auf der Annahme, dass die Menschen selbst am besten wüssten, was für sie gut ist, und dass das Gesetz eine bevormundende Form der Regulierung darstelle. So veröffentlichte die CSU in einer Social-Media-Kampagne unter dem Motto „Nein zu staatlicher Heizungsspionage“ eine Foto-Montage von Minister Habeck, der durchs Fenster in ein Wohnzimmer späht. Der thüringische CDU-Landesvorsitzende Moritz Voigt warf Habeck sogar vor, eine „Energie-Stasi“ aufbauen zu wollen.

Vier Forderungen für eine verlässliche Wärmewende

Es sei aufgefallen, dass sich der Ton und die Narrative der CDU/CSU kaum von denen der AfD unterscheiden, schreiben die Autoren der Kurzstudie: „Die Vorwürfe basieren auf einem libertären Freiheitsverständnis, das den Einzelnen vor staatlicher Bevormundung schützen will.“

3. Deutschlands Wohlstand ist gefährdet

Auch der dritte Argumentationsstrang zielte vor allem auf die Grünen: Vor allem von der extremen Rechten sei behauptet worden, die Grünen wollten eine ideologisch motivierte Heizungspolitik betreiben und damit den Wohlstand Deutschlands gefährden, schreiben die Forschenden. Ein häufig geäußertes Argument sei die Forderung nach technologischer Offenheit gewesen, die auch darauf abzielte, die Priorisierung von Klimaschutzansätzen zu verhindern.

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4. Das Grünen-Netzwerk bedient sich selbst

Der vierte Diskursstrang, den die Studie identifizierte, sieht eine grüne Ämterpatronage am Werk. Die Studie zitiert die AfD: „Die Hauptverantwortlichen schieben einander die lukrativsten Posten zu und bestärken sich gegenseitig in ihrem ideologischen Wahn.“ Über Jahre hinweg aufgebaute Netzwerke seien als Verteilung lukrativer Posten im Bekanntenkreis umgedeutet worden – ein Narrativ, das durch die „Trauzeugen-Affäre“ genährt wurde. Dahinter stehe die Annahme, dass eine „grüne Elite“ das „gemeine Volk“ verachtet und nur auf eigene Bereicherung aus ist, heißt es weiter.

5. Wir müssen alle Menschen mitnehmen

Im fünften Diskursstrang liefen die Elemente der vier Stränge in der Forderung zusammen, beim Thema Klimaschutz alle Menschen mitzunehmen, schreiben die Wissenschaftler. Kritiker des Gesetzes argumentierten, dass das Gesetz auf breiten Widerstand stoße und die Gefahr einer grundlegenden Delegitimierung der Klimapolitik berge.

Klassische populistische Logik

„Ein gemeinsamer Nenner der Kritik ist, dass sie einer klassischen populistischen Logik folgt: Sie konstruiert eine Dichotomie zwischen dem Willen des Volkes und einer Elite, die diesen Willen aus eigennützigen oder klimapolitischen Motiven missachtet“, sagt Autorin Franziska Mey vom RIFS. Diese Polarisierung sei auch bei anderen Transformationskonflikten zu beobachten. Politik und Medien sollten sich auf populistische Taktiken und Fehlinformationen, die oft den Diskurs verzerren und Gesetzesvorschläge schwächen, vorbereiten.

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Generell sei eine effektive Kommunikation entscheidend: Befürworter eines Vorschlags sollten die Chancen klar kommunizieren. Um Vertrauen in der Bevölkerung aufzubauen, müssten sie Lösungen für einen sozial gerechten Übergang entwickeln. „Die Beseitigung sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheiten wie der Energiearmut ist unerlässlich, um Widerstand zu verhindern, der häufig auf real existierenden und manchmal auf gefühlten Ungerechtigkeiten beruht, und um einen fairen Übergang zu fördern“, so Tobias Haas