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Netzintegration von Solarstrom

Netzausbau kostet eine Milliarde Euro

Der Netzausbau zur Integration großer Mengen Solarstrom kann unter Berücksichtigung der bestehenden Netzanschlusskapazitäten und der Nutzung von Optimierungsmaßnahmen gegenüber vorherigen Abschätzungen deutlich reduziert werden. Zu diesem Fazit kommt ein Gutachten des Beratungsunternehmens Ecofys im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar).

Nach den Berechnungen von Ecofys der Ausbau des Niederspannungsnetzes bis zum Jahr 2020 gerade mal 1,1 Milliarden Euro, um insgesamt 55 Gigawatt Solarstromleistung aufzunehmen. Das wäre mehr als die gesamte Leistung, die man ursprünglich als Ausbauziel seitens der Politik formuliert hat. Zusammen mit dem Solarstrom, der in die Mittel- und Hochspannungsnetze fließt, könnten damit 70 Gigawatt an Solarstrom in Deutschland zur Verfügung gestellt werden - eine Leistung, die zehn bis zwölf Prozent des deutschen Strombedarfs decken würde.

Kaum Akzeptanzprobleme seitens der Bevölkerung zu erwarten

„Hinter den Kosten stecken vor allem Erdarbeiten zur Verlegung neuer Erdkabel und die bedarfsweise Aufstellung moderner Trafostationen“, erklärt Bernhard Hasche, Mitautor der Studie und Experte für Stromversorgungssysteme und -märkte bei Ecofys. „Da es hier um einen unterirdischen Leitungsbau ähnlich wie im Bereich der Telekommunikation handelt, sind Akzeptanzprobleme von Seiten der Bevölkerung kaum zu erwarten. Die Trassen für den Solarstrom liegen größtenteils schon unter dem Bürgersteig.“

„Wir können und wir müssen die Verteilnetze zu einer Art Einsammelnetz für dezentralen Strom machen, um die Energiewende zu schaffen“, erklärt Bernd Engel, Netzexperte und Professor an der TU Braunschweig. Nicht nur Photovoltaikanlagen, auch Biomasse, Kraft-Wärme-Kopplung und Wasserkraft speisen ihren Strom nicht in das Übertragungsnetz, sondern auf der niedrigeren Netzebene ins Verteilnetz ein. Etwa 80 Prozent des Solarstroms wird wiederum in das Niederspannungsnetz und die restlichen 20 Prozent in das Mittelspannungs- und das 110-kV-Netz eingespeist. Deshalb ergibt sich auch beim Ausbau des Niederspannungsnetzes der größte Handlungsbedarf, um den Strom aus Photovoltaikanlagen zu integrieren. Insgesamt beträgt die Länge des Niederspannungsnetzes in der Bundesrepublik 1,1 Millionen Kilometer. Neben der Verlegung von neuen Leitung müsste man neue, regelbare Ortsnetztrafos installieren, die flexibel auf Stromabnahme und Solarstromangebot reagieren können. Die würden die Kosten für den Netzausbau auf der Niederspannungsebene erheblich im Zaum halten. „Das gleiche gilt für den Einsatz blindleistungsfähiger Wechselrichter, die dazu beitragen, unerwünschte Spannungsanstiege und Spannungseinbrüche im Netz auszugleichen“, erklärt Thomas Stetz, Netzexperte am Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesysteme. Solche Wechselrichter sind aber seit Anfang des Jahres ohnehin für größere Solaranlagen vorgeschrieben. Nur Kleinstanlagen dürfen ohne einen blindleistungsfähigen Wechselrichter neu installiert werden. Nach dem Gutachten von Ecofys kann man allein mit dem generellen Einsatz solcher Wechselrichter die Kosten für den Ausbau des Niederspannungsnetzes um 60 Prozent reduzieren.

Zehn Prozent der ohnehin anfallenden Kosten

Als finanzielle Vergleichsgröße zieht man die routinemäßig anfallenden Kosten für die Erneuerung des Verteilnetzes heran. Die belaufen sich auf etwa eine Milliarde Euro jährlich. „Damit beträgt der Ausbaubedarf für Solarstrom nur ein Zehntel des jährlichen Ertüchtigungsvolumens, die Kosten sind also überschaubar“, erklärt Jörg Mayer, Geschäftsführer des BSW-Solar. „Außerdem ist dieser Ausbau technisch problemlos in den laufenden Erneuerungsprozess integrierbar.“ Die Kosten für den Netzausbau werden an den Verbraucher weitergegeben. Die Berechnungen von Ecofys haben ergeben, dass durch den Netzausbau in dieser Größenordnung und mit diesem finanziellen Rahmen die Netzentgelte um 0,4 Prozent steigen. Das würde sich mit elf Cent pro Monat auf der Stromrechnung eines Durchschnittshaushalts mit einem Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden pro Jahr niederschlagen. „Damit wird deutlich, dass es weder auf der Kostenseite, noch technisch nennenswerte Hindernisse gibt, die gegen einen weiteren kraftvollen Ausbau der Photovoltaik sprechen“, so Mayer. „Wer dies behauptet, bedient ein Vorurteil.“ (Sven Ullrich)