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Blackout: Bestseller-Autor im Interview

Herr Elsberg, ich gestehe: Ich hatte damals etwas Angst, Ihr Buch Blackout zu lesen, weil ich dachte, dass es um die Panikmache geht, dass uns erneuerbare Energien die Dunkelflaute bescheren und so weiter… (Der neue Klimathriller von Marc Elsberg heißt übrigens Celsius. Mehr dazu hier.)

Marc Elsberg: Nein. Wir brauchen die erneuerbaren Energien. Da schalte ich mich auch in Diskussionsrunden ein, wenn es um das Thema geht.

Stichwort kritische Infrastruktur, kurz Kritis. Sie zeigen ja in Ihrem Buch Blackout, was passieren kann, wenn diese durch Hackerangriffe auf Stromtrassen, Versorger und sogar auf Atomkraftwerke, angegriffen wird. Sind wir in Deutschland gefährdet?

Marc Elsberg: Wir befinden uns auch im Energiesystem in ständigem Wettlauf zwischen Angreifern und Verteidigern. Bisher ist noch nichts Grobes passiert. Aber ausreichend geschützt sind wir mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Wenn jemand es wirklich drauf anlegt, kann er wahrscheinlich die meisten Anlagen angreifen. Mit automatisierten Attacken, die sowieso permanent laufen, kommt man inzwischen halbwegs zurecht. Aber auch da kann mal was schiefgehen. Eine gezielte Attacke könnte wirklich schwierig werden.

Seit dem Ukrainekrieg haben Hackerangriffe zugenommen. Ein mögliches Szenario hatten Sie in Blackout vorausschauend beschrieben.

Marc Elsberg: Das war bereits absehbar, als ich das Buch vor mehr als zehn Jahren geschrieben habe. Smart Grids und die entsprechenden Kommunikationstechnologien bieten Hackereinfallstore. Aber man darf nicht vergessen, dass die Vernetzung auch positive Aspekte hat. Wir haben eine „Once in a Lifetime“-Chance mit den erneuerbaren Energien ein System zu bauen, das resilienter wäre. Dafür müsste man die Vernetzung aber richtig gestalten.

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In dem Zusammenhang werden oft autonome Netze gefordert, also eigenständige Strukturen, die aber miteinander verknüpft sind. Sodass bei einem Angriff nicht gleich große Teile des Landes lahmgelegt werden können.

Marc Elsberg: Das wird nicht immer gehen. Große Verbraucher, etwa Stahlwerke, kann ich nicht mit ein paar Windrädern ums Eck versorgen. Aber in vielen anderen Bereichen wird das möglich sein. Die größte Herausforderung dürfte es wohl sein, im Hintergrund nicht wieder eine Monokultur entstehen zu lassen. Es nützt mir nichts, wenn ich viele Verbraucher oder Prosumer habe, die im Hintergrund zu einem virtuellen Großkraftwerk zusammengeschaltet und von derselben Software gesteuert werden. Als Angreifer habe ich es dann leicht. In Wirklichkeit habe ich so keine wirklich dezentralisierte Struktur. Dabei könnte ein dezentrales System in der Krise verhindern, dass alles mitgerissen wird, wenn an einer Stelle etwas passiert. Dezentrale Systeme sind im laufenden Betrieb teurer, weil die Koordination zwischen den einzelnen Teilen gemanagt werden muss. Aber durch Automatisierung wird das immer billiger.

Monokultur, Oligopol… in Deutschland haben kleine Regenerativunternehmer immer gefordert, dass wir uns von den große Energieversorgern verabschieden. Nachvollziehbar?

Marc Elsberg: Regulatorisch hat man da wenig getan. Die Landwirtschaft ist ein Beispiel. Die Förderung fließt immer noch in die Fläche und Großbetriebe. In der Energiewirtschaft hat sich durch das EEG zwar ein bisschen was getan, aber nicht genug. Wenn ich die Erneuerbaren will, muss ich das gesamte System ändern, Netze stärker ausbauen, für Speicher sorgen. All das wurde bisher geradezu sabotiert.

Stichwort Atomkraft: wie sieht es da mit der Sicherheit bei einer Cyberattacke bzw. einem Blackout aus?

Marc Elsberg: Ich bin letztlich ein Kind der Generation Tschernobyl. Da ist man geprägt, was Kernkraft angeht, da fragt man sich schon, wie es mit der Sicherheit aussieht bei der Atomkraft als Teil des Energiesystems. Theoretisch sieht es bei den AKWs besser aus mit der Cybersicherheit, aber praktisch - da hört man andere Geschichten. Bei Übungen an Atomkraftwerken springen als häufiger Fehler die Notstromaggregate nicht an, obwohl die mehrfach redundant gesichert sind. Während meiner damaligen Recherche gab es bei mehreren Atomkraftwerken in Europa keinen Notstrom für einen längeren Ausfall, nur Diesel für ein paar Stunden. Das ist kein Riesendrama, wenn ich nachliefern kann. Andernfalls wird es schon irgendwann ein Problem. Und wir kennen das Problem mit der Überalterung des französischen Kraftwerksparks. So ganz sicher sind wir da nicht.

Vielen Dank für das Gespräch.

Bestseller Blackout von Marc Elsberg – hat in Sachen Cybersecurity einige Menschen ins Grübeln gebracht.

Penguin Random House Verlagsgruppe

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